. , , ,

,,,

Kapitel 1: Von der römisch-germanischen Zeit bis zur Teilung des Franreiches 843/870

1.1.  Germanen

Die Bezeichnung Germanen wird auf eine Vielzahl von Völkern und Stämmen in Nord- und Mitteleuropa, die der sogenannten indo-germanischen Sprachfamilie angehören, anwendet. Der Name, dessen Bedeutung unklar ist, wurde ursprünglich von den Kelten für benachbarte nichtkeltische Stämme gebraucht.

Im südlichen Teil Skandinaviens bildete sich seit Beginn der Bronzezeit (2 Jahrtausend v.Chr) ein zusammenhängender Kulturkreis, der sich (wegen der Klimaverschlechterung) nach Westen bis in die Niederlande und nach Osten ausbreitete.

Schon früh (etwa 2 Jahrtausend v.Chr) gab es Siedlungsverbände, die sich durch gemeinsame Sprache, Abstammung (= ), Königssippe (), Götterverehrung (), Sitten (), und Traditionen einander zugehörig und von ihren Nachbarn unterschieden fühlen.

Die Geschichtswissenschaft hat die Germanen in die Grossgruppen der West-, Ost- und Nordgermanen eingeteilt. Westgermanen nennt man alle jene Völkerschaften, die in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung zwischen Rhein und Elbe, zwischen Nordseeküste und Donau wohnten. Sie sind wieder nach ihren Siedlungsgebieten eingeteilt worden in die a) Rhein-Weser-Germanen (Bataver, Ubier, Tenkterer, Brukterer -> 3. Jahrhundert haben die Franken gebildet), b) die Nordsee-Germanen (Angeln, Friesen, Sachsen -> 5. Jahrhundert haben Britannien erobert), c) die Elb-Germanen (Cherusker->Sachsen, Chatten->Hessen, Markomannen->Thuringer, Sweben->Alemannen, Semnonen). Zu den Ostgermanen gehörten u.a. die Goten deren Urheimat Skandinavien war, Burgunder und Vandalen. Nordgermanen sind im wesentlichen die in Skandinavien und Dänemark gebliebenen Völker, von denen einige erst Jahrhunderte später als Normannen oder Wikinger im mitteleuropäischen Raum auftauchten.

Die gesellschaftliche Gliederung der Germanen lässt als Grundprinzip eine starke patriarchalische Autorität erkennen. Viele Stämme hatten Könige, die die mit dem Götterkultzusammenhängenden Aufgaben zu erfüllen hatten.

1.2.  Germanen und Römisches Reich

Schon 113 v.Chr. waren aus ihrer Heimat Jütland ( ) vertriebenen () Kimbern, Teutonen und andere Gruppen in das Gebiet des Römischen Reiches eingedrungen, das damals bis in die südlichen Alpen reichte, und hatten römische Heere besiegt. Um 71 v. Chr überschritt der schwebische Heerkönig Ariovist mit zahlreichen Gefolgsleuten aus verschiedenen Stämmen den Oberrhein; sie siedelten sich westlich des Oberrheins an, bis Cäsar sie nach seinem Sieg über Arovist wieder zurückdrängte. Bald gab es jedoch Bündnisse zwischen Rom und Germanenfürsten. Im römischen Germanien, das um 90 Provinzen (Hauptstadt=Mogontiacum) geteilt wurde, entwickelte sich ein blühendes Städtewesen; römischen Techniken wie die Ziegel- (), Keramik- und Glasherstellung wurden übernommen, wobei die einheimischen Baumeister und Handwerker am römischen Vorbild orientierte, aber durchaus eigenständige Kulturformen schuffen. Auch wurde ein weiträumiges Strassennetz ausgebaut.

1.3.  Arminius

Gebohren im Jahre 18 v.Chr als Sohn des Cherusfürster Segimer, kam Arminius zusammen mit seinem Bruder Flavus als Kind zur militärischen Ausbildung nach Rom. In den Germanienfeldzügen () des Tiberius befehligte er 4-6 n.Chr die germanischen Hilfsgruppen, wofür er mit dem römischen Bürgerrecht ausgezeichnet wurde. Nach der Rückkehr zu seinem Stamm stellte er sich jedoch an die Spitze einer Verschwörung () gegen den römischen Statthalter Publius Quanctilius Varus, der das römische Verwaltungs-, Steuer- und Rechtssystem im rechtsrheinischen Germanien einzuführen versuchte. Obwohl Varus von dem romfreundlichen Cherusker Segestes gewarnt wurde, liess er sich im Herbst des Jahres 9 im Teutoburger Wald mit drei Legionen in einer Hinterhalt locken ( ) und verlor sein ganzes Heer (etwa 20 000 Mann); er selbst beging (

1.4.  Limes (= befestigter röm. Grenzwall)

Seit Kaiser Augustus begannen die Römer mit dem planmässigen Ausbau einer Verteidigungsstellung an Rhein und Donau. Im 2. Jahrhundert bestand der römisch-germanische Limes im Gesamtverlauf auf 4 Hauptabschnitten:

1) der niedergermanische Limes , 2) der obergermanische Limes, 3) der rätische(?) Limes 4) Donaugrenze flussabwärts bis nach Ungarn. Der obergermanische Limes, zuerst aus Wall und Graben bestehend, wurde nach und nach durch Palisaden verstärkt. Der rätische Limes war zusätzlich teilweise mit einer Steinmauer verstärkt, die aber nie vollendet worden ist. Hinter den Befestigungen des Limes wurde ein Strassensystem angelegt. Aus den Römerlagern an den wichtigsten Flussübergangen von Rhein nach Donau entstanden die ersten römisch-germanischen Städte. Xanten, Köln, Bonn, Koblenz, Passau, Worms, Regensburg und viele andere deutsche Städte gehen so auf römische Ursprunge zurück. Durch den Limes wurde die Ausbreitung der Germanenstämme nach Westen und Süden aufgehalten, gleichzeitig aber ermöglichte er ein friedliches Nebeneinanderleben und einen lebhaften Handelsverkehr.

1.5. Tacitus Germania

Der römische Schriftsteller und Geschichtsschreiber Publius Cornelius Tacius (55-120 n.Chr) veröffentlichte die Schrift Über den Ursprung und die Gebiete Germanen. Im ersten Teil schildert er allgemein Land und Leute, im zweiten Teil charakterisiert er eizelne Stämme und beschreibt ihren Wohnsitz. Er rühmt an den Germanen ihre einfache Lebensweise, ihr sittenstrengen Familienleben, ihre kriegische Tapferkeit () und ihr Freiheitsstreben. Dieses Germanenbild ist sicher idealisiert, doch Tacius tadelt (<) die Schwächen der Germanen, z.B. ihre Trägheit () in Friedenszeiten, ihre Neigung zu unmässigem Biergenuss, ihre Leidenschaft () für das Würfelspiel ( ). Dennoch ist er davon überzeugt, dass bei den Germanen gute Sitten mehr vermögen als anderswo gute Gesetze.

1.6. Germanen und Christenturm

Im römischen Germanen gab es in der Zeit vor Konstantin dem Grossen (. 306, , ; o ) schon Christen. Die Durchsetzung des Christentums als römischer Reichsreligion gipfelte durch Theodosius I.Damit war jedoch die Ausbreitung des christlichen Glaubens bei den feindlichen Germanen zunächst blockiert. Bei diesen fand er schliesslich in Gestalt des sogenannten Arianismus Eingang. Die Lehre des alexandrinischen Priesters Arius beruhte auf der Auffassung, Christus sei das aus dem Nichts geschaffene Geschöpf des Vaters (= - -; : , - ). Es gelang den Arianen, ihre Lehre weithin durchzusetzen. 314 wurde die Bibel ins Gotische übersetzen.

1.7. Völkerwanderung

Als eigentliche grosse Volkerwanderung gelten Wanderungbewegungen, die durch den Einbruch () der Hunnen 370 in Europa ausgelöst wurden. Während die Hunnen 375 das Gotenreich in der heutigen Ukraine zerstörten, wich (<) der grössere Teil der Goten über die Donau auf römisches Gebiet aus und wurde 376 von Kaiser Valens in Moesien (im heutigen Bulgarien) angesiedelt. Kaiser Theodosius der Grosse schloss 382 mit ihnen Frieden. Unter Alarich, der 395 zum König erhoben wurde, fiel Teil der Goten (Westgoten) 401 in Italien ein und plünderte (<) 410 Rom. Nach Alarichs baldigem Tod wandten sich die Westgoten Südgallien zu und errichteten ein Reich mit der Hauptstadt Tolosa (Toulouse), das sich allmählich () bis nach Spanien ausdehnte.

Die mit Westgoteneinfall in Italien zusammenhängende Schwächung der Rheingrenze begünstigte die Westwanderung der Sweben, Vandalen, Burgunder und Alanen (Stamm iranischer Herkunft), die ab 406 Gallien überrannten und 409 grossenteils nach Spanien abwanderten. Während die Sweben, von der Westgoten nach Nordwestspanien abgedrängt, dort um 585 ein eigenständiges Reich behaupteten, setzen die Vandalen und Alanen unter Geiserrich 429 nach Nordafrika über, das sie bis 439 eroberten.

Der Skire Odoaker, der zum König ausgerufen wurde, beseitigte das bereits machtlose weströmische Keisertum, wurde selbst von dem Ostgoten Theodorich ermordert. Die Herrschaft der Ostgoten endete 553 mit der Eroberung Italiens durch den byzantinischen Feldherrn Narsas.

1.8. Hunnen

Die Hunnen waren ein Turkvolk, dessen Angehörige als Reiternomaden lebten. Nach jahrhundertelangen Kämpfen mit den chinesischen Nachbarn begannen Teile dieses Volkes nach Westen zu wandern. Nach ihrem Sieg über die Ostgoten 375 beherrschten bisher unter gotischer Botmässigkeit stehenden Stämme. Sie verlagerten den Schwerpunkt ihrer Herrschaft nach Pannonien (heutige Ungarn), von wo sie mit ihren germanischen und sonstigen Gefolgsleuten Beutezüge unternahmen. Voroströmischen Kaiser erzwangen sie hohe Tributzahlungen. Der weströmische Oberbefehlshaber Aetius, der in seiner Jugend als Geisel () bei den Hunnen gelebt hatte, betrieb lange eine hunnenfreundliche Politik, vor allem im Interesse seiner Kämpfe gegen die Germanien in Gallie, an denen hunnische Hilfsgruppe beteiligt waren. Der Hunnenkönig Attila, der 445 seinen Bruder ermordet hatte und seitdem allein regierte, führte sein Reich zum Höhepunkt seiner Geltung. 452 fiel Attila in Italien ein, doch einer kaiserlichen Gesandtschaft () unter Führung von Papst Leo I gelang es, ihn zu Rückzug zu bewegen. Nach dem überraschenden Tod Attilas 453 in der Hochzeitnacht zerfiel das Hunnenreich rasch; die seiner Herrschaft unterworfenen Germanen lösten sich wieder aus der Abhängigkeit.

1.9. Theoderich der Grosse

Der oströmische Kaiser Zenon sah sich 483 gezwungen, den mächtigen Ostgotenführer Theodorich als Magister (Herrmeister) anzuerkennen. Theodorich, etwa 453 geboren, war als Geisel in Konstantinopel aufgewachsen und nach seiner Rückkehr 471 schon zu Lebzeiten seines Vaters zum König erhoben worden. 488 sandte Zenon Theodorich nach Italien, um die Herrschaft Odoakers zu zerschlagen. Nach jahrelangen Kämpfen, u.a. um Odoakers Hauptstadt Ravenna, einigte sich der Ostgotenkönig mit seinem Rivalen (= Gegner) auf eine gemeinsame Herrschaft, doch kurz darauf ermordete er Odoaker.

Romanen und Goten blieben im übrigen durch ein Heiratsverbot sowie durch unterschiedlichen Glaubensrichtungen und Rechtsstellungen getrennt. Aussenpolitisch verstand es Theodorich, offene Konflikte mit dem Kaiser zu vermeiden und zu den anderen germanischen Fürsten freundschaftliche Beziehungen anzuknüpfen, die er durch Heiratsverbindungen mit den Herrscherfamilien der Westgoten, Vandalen, Burgunder und Franken zu festigen suchte; er selbst nahm eine Schwester des Frankenkönigs Chlodwigs zur Frau. Bei seiner Bündnispolitik erlebte er jedoch auch Rückschlage, vor allem infolge des fränkischen Expansionsstreben auf Kosten der Westgotte, der Burgunder und unter ostgotischem Schutz stehenden Alemannen.

Als Theodorich 526 starb, blieb seine Herrschaft den Menschen als eine Zeit des Friedens und der Gerechtigkeit in Erinnerung, doch sein Lebenswerk hatte keinen Bestand. Seine Tochter Amalasuntha, Regentin für ihren unmündigen Sohn, fiel 535 einem Mordanschlag ihres Vetters (. ) zum Opfer. Die letzten Ostgotenkönige (Witigis, Totilia) unterlagen den Feldherren Kaiser Justinians, Belisar und Narses. Die Reste der Goten gingen später in der italischen Bevölkerung auf L

1.10. Franken

Aus mehreren westgermanischen Stämmen bildete sich der Grossverband der Franken. Allmählich drangen sie nach Westen auf römisches Gebiet vor und traten teilweise in römische Dienste. Um die Mitte des 5. Jahrhunderts besassen die fränkischen Fürsten etwa das Gebiet des heutigen Belgien. Die durch Chlodwig eingeleitete Grossmachtbildung wurde zum wichtigsten politischen Faktor des beginnenden Mittelalters. Da es seit dem 6. Jahrhundert keine religiösen Barriere zwischen fränkischen Eroberern und galloromanischen Bevölkerung mehr gab, kam es zu einem allmählichen Verschmelzung.

1.11. Chlodwig

Geboren um 466, im Laufe seiner Regierung unterwarf und besiegte er durch List () und Gewalt alle anderen fränkischen Gaukönige, nachdem er bereits 486 durch seinen Sieg über den letzten römischen Statthalter in Gallien den römischen Teil Galliens gewonnen hatte. Zwischen 496 und 507 eroberte er den südwestischen Teil des Westgotenreichs, dazu das linksrheinische Gebiet der Alemannen. Nur das Eingreifen Theoderichs des Grossen hinderte ihn an noch weitergehender Expansion. Mit seiner Eroberungspolitik durchkreuzte Chlodwig das Konzept des Ostgotenkönigs, das auf eine Verständigung der germanischen Reiche gegen Byzanz zielte.

Wohl 498 hatte der Frankenkönig in Reims die Taufe () empfangen. Diese Entscheidung für die katholische Christentum, an der Chlodwigs burgundische Gemahlin () Chlothilde bedeutenden Anteil hatte, erwies sich als zukunftweisender Entschluss. Aussenpolitisch wurde dadurch der Gegensatz zu den arianischen Germanenreichen vertieft, doch im Innern gewann Chlodwig die Unterstutzung der galloromanischen Geistlichkeit, vor allem der Bischöfe, bei der Konsolidierung seiner Herrschaft in den neu eroberten Gebieten. Die allmählich entstehende fränkische Reichskirche wurde zu einer der wichtigsten Klammern der Reichseinheit . Der inneren Ordnung dienten auch einerseits die Übernahme des römischen Verwaltungssystems und andererseits die erste Aufzeichnung des fränkischen Volksrechts. 511 starb Chlodwig in seiner neuen Residenzstadt Paris.

1.12. Merowinger

Das Königsgeschlecht der Merowinger stammte der Überlieferung zufolge (= ) von einem Kleinkönig mit Namen Merowechs ab. Die Sage führte Merowechs Herkunft auf halbgöttlichen Ursprung zurück. Wurden der Königsippe schon daher magische Kräfte zugeschrieben, so steigerte sich ihr Ansehen noch, als Chlodwig durch erfolgreiche Kriegszüge ein fränkisches Grossreich errichtete und damit das Heil seiner Sippe bestätigte.

Beim Tode Chlodwigs 511 waren seine vier Söhne ohne Unterschied nachfolgberechtigt. Das bedeutete, dass das Fränkische Reich geteilt werden musste, was jedoch nicht unbedingt eine getrennte Entwicklung der Reichsteile zur Folge hatte. Tatsächlich kam es mehrmals zu einer Reichseinigung. Ausserdem setzen Chlodwings Söhne zunähst die Machtpolitik nach aussen fort, indem sie unter anderem 531 das Thüringerreich eroberten. Allerdings überwogen auf die Dauer die Nachteile der Teilungspraxis beträchtlich, denn die Herrschaftsteilungen waren eine Quelle ständiger Streitigkeiten. Aus den Teilungen gingen zwei selbständige Rechtsteile hervor: im Westen Neustrien mit dem Zentrum Paris, und im Osten Austrien mit dem Königssitz Reims (später Metz). Die Herausbildung eines westlichen eines Östlichen Schwerpunkts kam bei der endgültigen Teilung des Fränkischen Reiches unter den Karolingern erneut zur Geltung.

1.13. Winfrid-Bonifatius.

Die Missionierung der noch heidnischen () Germanen im fränkischen Reichsverband machte im 6. und 7. Jahrhundert nur mühsame Fortschritte. Das begann sich um 700 zu andern, als mit Unterstützung der karolingischen Hausmeier () eine Reihe von Missionären zu den Hessen, Thüringern, Alemannen, Friesen, Sachsen und Baiern gingen.

Der 672 in Wessex geborene Mönch Winfried England verliess, um sich der Mission zu widmen. Bei seinem ersten Romaufenhalt beauftragte ihn der Papst am 15. Mai 719 mit der Germanenmission und verlieh ihm den Namen des Heiligen dieses Tages: Bonifatius. Bonifatius wirkte zunähst in Thüringen und Friesland, dann auch in Hessen. Er gründete nicht nur Klöster, sondern machte er sich um die Bistumsorganisation (= Gebiet eines Bischofs) in Baiern, Hessen und Thüringen verdient. 772 wurde er vom Papst zum Bischof geweiht. Im Alter von 80 Jahren kehrte Bonifatius zur Friesenmission zurück, während der er am 5. Juni 754 bei Dokkum den Märtyrtod fand. Seine Gebeine ruhen im Dom von Fulda.

1.14. Die ersten Karolinger.

Die Karolinger sind aus einer Verbindung der austrischen Adelsgeschlechter hervorgegangen. Die Vormachtstellung begründete der austrische Hausmeier Pippin, der 687 durch seinen Sieg über den neustrischen Hausmeier das Fränkische Reich wieder vereinte und anstelle des schwachen Merowingerkönigs, die Regierung führte. Pippins Sohn Karl erkämpfte sich nach dessen Tod die Regentschaft über das Gesamtreich. 732 schlug er mit einem fränkischen Heer die Araber, die das Westgotenreich vernichtet hatten und nach Südgallien vorgedrungen waren, und drängte sie endgültig über die Pyrenäen zurück. Dieser Sieg hatte für die weitere Geschichte Europas entscheidende Bedeutung. Man hat Karl später den Beinamen Martell (Hammer) gegeben. In zahlreichen Kämpfen stellte er die Autorität der Reichsgewalt in den selbständigenden Reichsteilen (Aquitanien, Burgund, Provence, Allemanien, Thüringer, Bayern, Friesland) wieder her. Auch unterstützte er die angelsächsische Mission (von Bonifatius), in der er ebenfalls eine Stärkerung der Reichsgewalt sah. Wie ein König teilte er bei seinem Tod 741 das Fränkische Reich unter seine Sohne und liess sich in der Grablege der Merowinger beisetzen (= begraben).

Karls Söhne Karlmann und Puppen (der Jungere) regierten in Austrien und Neustrien, wobei Aquitanien und Bayern relativ selbständige Herzogtümer blieben.

1.15. Langobarden

Die Langobarden, die nach eigener Überlieferung aus Gottland stammen, hatten ihre Wohnsitze lange Zeit an der unteren Elbe. Ein Teil von ihnen gründete in Panonien (Ungarn) um 166 ein erstes Reich. Trotz eines entscheidenden Sieges über die Gepiden (567) überliessen sie ihr ponnonisches Siedlungsgebiet den Awaren, zogen 568 unter ihrem König Alboin nach Oberitalien und gründeten ein Reich mit der Hauptstadt Pavia. Unter den Königen Liutprand und Aistulf erreichte das Langobardenreich seine grösste Ausdehnung. Nach der Eroberung Ravennas 751 sah sich der Papst in Rom unmittelbar bedroht, so dass er den Frankenkönig Pippin zu Hilfe rief, der den langobardischen Ausdehnungsdrang stoppte. Erneute Übergriffe der Langobarden auf päpstlichen Gebiet beendete Pippins Sohn und Nachfolger Karl der Grosse endgültig, indem er 744 die Langobarden unterwarf und sich selbst ihre Königskrone aufsetzte. Nur die langobardieschen Herzogtümer Benevent und Spoleto in Süditalien konnten ihre Selbstständigkeit bis uns 11. Jahrhundert bewahren.

1.16. Pippinsche Schenkung / Kirchenstaat

Das durch die kirchliche Sanktionierung der Königserhebung Pippins 751 angebahnte Bündnis zwischen dem Pappsttum und dem Fränkischen Reich festigte sich. Papst Stephan II salbte (. ) Pippin und seine Söhne erneut und verlieh innen den Titel patricius Romanorum, während der Frankenkönig die Übergabe der von der Langobarden eroberten Gebiete in Mittelitalien an den Papst versprach . Der Umfang dieser sogenannten Pippinschen Schenkung ist umstritten; nach zwei erfolgreichen Feldzügen gegen Aistulf erhielt der Pappst 756 ein Gebiet in Mittelitalien, wo der Kirchenstaat entstand. Die formale Oberhoheit der byzantischen Kaisers blieb zunächst noch bestehen, doch als tatsächlicher Schutzherr des Papsttums war der fränkische König an dessen Stelle getreten. Karl der Grosse hat diese Schenkung seines Vaters 774 ausdrücklich () bestätigt und den Kirchenstaat unter fränkischen Schutz gestellt. Diese Schutzverpflichtung hat die Politik der deutschen Kaiser und Könige im Mittelalter, die sich als Nachfolger des Frankenkaisers betrachteten und den Schutz des Kirchenstaates zu ihren vornehmsten Aufgaben zählten, entscheidend geprägt. Die Italienpolitik der deutschen Könige führte jedoch im Mittelalter auch zum Zusammenstoss zwischen den beiden höchsten Gewalten der damaligen Welt, dem Kaisertum und dem Papsttum, um die Vorherrschaft in der Weltordnung.

1.17. Karl der Grosse

Karl wurde als Sohn des fränkischen Hausmeiers und späteren Königs Pappins des Jüngeren im Jahre 747 geboren. Nach dem Tode seines Vaters (768) teilte er die Herrschaft mit seinem jüngeren Bruder Karlmann. Karl isolierte seinen Bruder politisch durch ein Bündnis mit dem Langobardkönig Desiderius und stellte die Reichseinheit wieder her. 774 besiegte er Desiderius und setzte sich selbst die Königskrone der Langobarden auf. 778 gliederte er auch das bis dahin weitgehend selbstständige Bayern in sein Reich ein. Die Sachsen hingegen konnten erst in einem über dreissig Jahre dauernden Krieg unterworfen werden. Auch in andere Richtungen sicherte und erweiterte Karl sein Reich.

Anlässlich eines Aufenthaltes in Rom wurde er am Weihnachtage 800 von Papst Leo III. zum Kaiser der Römer gekrönt. Die führenden Adelsfamilien gewann er durch die Übertragung von Ämter, so dass man schon in dieser Zeit von einer Reichsaristokratie sprechen kann. Eine auf lange Sicht zu verlässigere Verfechtern (=Verteidigung) des Reichsgedanken aber wurde die Reichskirche, die Karl durch den Ausbau der Bistumsorganisation, durch Schenkungen, durch seine Sorge für innere Reformen des kirchlichen und klostereichen Lebens förderte.

An seinem Hof versammelte Karl die bedeutendesten Gelehrten der Zeit. Die von diesem Kreis ausgehenden Impulse führten zu einem Aufschwung von Bildung, Wissenschaft und Kunstpflege. Am 28. Januar 814 starb Karl der Grosse in Aachen.

1.18. Sachsenkriege

Über dreissig Jahre, von 772 bis 804, dauerten die kriegerischen, nach kurzen Friedenszeiten immer wieder neu ausbrechenden, blutigen Auseinandersetzungen Karls des Grossen mit den heidnischen Sachsen , die das weite Gebiet zwischen Nordsee und Harz, zwischen Rhein und Elbe bewohnten. Dem Stil des kirchlich geprägten Mittelalters entsprechend mussten die Sachsen als Angehörige des Fränkischen Reiches Christen werden. Dass sie jedoch zur Taufe gezwungen wurden, war ungewöhnlich und erregte Kritik. Die Zerstörung der Irminsul, eines Heiligtums der Sachsen (ein säulentragender Holzstamm, der die das Himmelsgewölbe () tragende Weltsäule darstellen sollte), rief 772 den Widerstand des ganzen Volkes hervor. An ihrer Spitze stand der westfälische Adlige Widukind. Während nach und nach Teile des sächsischen Adels auf die fränkische Seite überwechselten und sich taufen liessen, setzte Widukind den Wiederstand fort. Selbst so drakonische Strafmassnahmen Karls wie Hinrichtigung () einer grossen Zahl Aufständischer 782 bei Verden an der Aller vermochten den Widerstand der Sachsen nicht zu brechen. Während Widukind 785 aufgab und zum christlichen Glauben übertrat, kam es noch bis 804 zu immer aufflackernden () Unruhen.

Trotz aller Brutalität des Vorgehens in der kriegerischen Auseinandersetzungen suchte Karl die Versöhnung () zwischen Franken und Sachsen, die in dem 802 aufgezeichneten sächsischen Volksrecht zum Ausdruck kam. Der Aufbau einer kirchlichen Organisation mit der Einrichtungen von Bistümern in Bremen, Minden, Verden, Münster, Osnabrück und Paderborn festigte und vertiefte allmählich auch die Christianisierung des sächsischen Volkes. Wenig mehr als ein Jahreshundert später ging aus dem Stamm der Sachsen die Dynastie hervor, unter deren Herrschaft das ostfränkische Reich sich zum deutschen Reich entwickelte.

1.19. Kaiserkrönung

Den Anstoß zur Begründung des Kaisertums Kars des Grossen gaben innerrömische Wirren (), die den Frankönig zum Eingreifen zwangen: Papst Leo III. Wurde 799 von einer Adelsopposition in Rom abgesetzt, doch er floh zu Karl nach Paderborn und erbat seiner Schutz. Aber auch Leos Gegner wandten sich an den König, so dieser in eine schwierige Lage geriet. Im Herbst 800 reiste Karl nach Rom. Nachdem sich der Papst durch einen Reinigungseid () von den Anklagen seiner Gegner befreit hatte, setzte er Karl während des Weihnachtsgottesdienstes in der Basilika eine Krone auf, während das anwesende römische Volk durch Akklamation (Zuruf) den Krönungsakt bestätigte.

Nach der Kaiserkrönung kehrte Karl ins Frankreich zurück. Der Titel Imperator musste auf den Widerstand des byzantinischen Kaisers treffen, der sich als einziger legitimer Kaiser verstand.

1.20. Das Frankreichs Karls des Grossen

Als Karl der Grosse im Jahre 814 starb, hinterliess er seinem Nachfolger ein riesiges, weitgehend gefestigtes Reich; dessen Grenzen waren gegen Einfälle der benachbarten Völker militärisch abgesichert, in denen die Markgrafen mit Sonderbefugnissen ( ) ausgestattet waren. Im Südwesten des fränkischen Herrschaftsgebietes, im Süden der Pyrenäen, war als Schutzwall gegen die Araber die Spanische Mark eingerichtet worden. Zwischen Raab und Donau wurde Pannonische Mark errichtet, gegenüber den Slawenvölkern Sorbische Mark, an Nord- und Ostsee Dänische Mark, an der Nordwestgrenze Bretonische Mark.

Um das Riesenreich überhaupt verwalten zu können, wurden die schon aus der merowingischen Zeiten stammenden Grafschaften auch auf die nichtfränkischen Gebiete ausgedehnt. Die Grafen als vom König eingesetzte Amtsträger waren militärische Befehlshaber und Richter, sie hatten die Polizeigewalt und die Aufsicht () über das Verkehrswesen und die Märkte. Ihre Amtsführung liess Karl von Zeit zu Zeit durch königliche Kontrolleure überprüfen.

Die Rivalität der grossen Adelsfamilien untereinander und gegenüber dem Königtum konnte nur von starken Herrschaftspersönlichkeiten wie Karl dem Grossen zurückgedrängt werden. Das Zentrum von Königsherrschaft und Reichsverwaltung bildete der königliche Hof, an dem es seit langem feste Hofämter gab, vor allem die vier Hausämter, denen die Versorgung des Hofes, die Verwaltung des königlichen Schatzes sowie militärische und sonstige Aufgaben oblagen (< ). Daneben hatte der König persönliche Freunde und Ratgeber in seiner Umgebung, die er auch mit politischen und diplomatischen Missionen betrauen konnte. Die Wirksamkeit dieses Zentrums hing jedoch dem personenbezogenen Charakter der mittelalterlichen Herrschaft entsprechend von der Autorität des Königs ab.

1.21. Kaiserpfalz/Aachen

Karl der Grosse besass, wie alle mittelalterlichen Herrschen, keine feste Residenz. Er zog mit seinem Gefolge, zu dem auch die Familie gehörte, von Pfalz zu Pfalz, um seine herrscherlichten Amtshandlungen auszuführen. Diese Pfalzen waren grosse und leistungsstarke bäuerliche Güter (=Besitztum), die den König mit seinem gesamten Gefolge während Aufenthaltes wirtschaftlich versorgten. Hier stellte er Urkunden aus und hielt Gerichtstage ab, hier empfing er auch Gesandte fremder Mächte. Karls Lieblingsplatz wurde Aachen. Dort war in der Mitte des 8. Jahrhundertsein königliches Hofgut entstanden, das Karl, der seit 794 mit kurzen Unterbrechungen fast ständig in Aachen weilte (>) nicht zuletzt wegen der warmen Quellen, - mit prachtvollen Bauten ausstatten, zur Kaiserpfalz ausbauen liess. Die nach dem Vorbild byzantischer Zentralbauten gestaltete achteckige Pfalzkapelle mit dem aus Marmorplatten bestehenden Tronsitz des Kaisers im Obergeschoss bildet noch heute den Mittelpunkt des Aachener Münsters. Das benachbarte Rathaus steht auf dem Fundament der alten fränkischen Königshalle.

1.22. Lehnswesen (=Besitztum, das ein Lehnsherr einem Vasallen verliehen hat) und Grundherrschaft

Der mittelalterliche Staat war ein Personenverband, er beruhte () auf dem persönlichen Verhältnis zwischen dem Herrscher und dem von ihm in unterschiedlicher Weise und vielfachen Abstufungen abhängigen Volk Im Fränkischen Reich war der mächtigste der König. Neben ihm gab es eine dünne Führungsschicht von Grundherren; auch die stark aristokratisch geprägte Kirche besass viele Ländereien.

Der Grossgrundbesitz von König, Adel und Kirche war grundherrschaftlich organisiert. Kennzeichnend für die Grundherrschaft waren die sogenannten Fronhofsverbände. Sie bestanden aus einem vom Grundherrn betriebenen zentralen Fronhof und von Unfreien verschiedenster Abstufung selbständig bewirtschafteten Bauerngütern. Diese Unfreien, die man Grundholde nennt, waren dem Grundherrn zu Abgaben und Arbeitsleistungen (Fronen) verpflichtet und unterstanden seiner Gerichtsbarkeit. So entstand das Lehnwesen aus der Verschmelzung von Landleihe und persönlicher Treue und Gefolgschaft, der sogenannten Vasallidität. Der Lehnvertrag wurde auf Gegenseitigkeit abgeschlossen, meist symbolisch dadurch, dass der Lehnsmann seine Hände in die des Lehnsherrn legte. Der Lehnsmann verpflichtete sich zu Dienst und Treue, der Lehnsherr übergab das Lehen und versprach Schutz und Treue. Der Lehnvertrag endete erst mit dem Tod eines der Partner, doch auch Untreue des einen entband den anderen seiner Treuepflicht.

Die Grossen des Reiches standen damit als königliche Vasallen in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Herrscher, aber sie waren auch einerseits als Amtsträger, als Grafen, als Markgrafen, als Pfalzgrafen und Königsboten (), andererseits als Besitzer eigener Grundherrschaften mit grossen Machtfülle ausgestattet. Sie selbst konnten sich durch Vergabe von Land, Rechten und Ämtern Untervasallen schaffen und damit einen eigenen Machtapparat aufbauen. So setzte sich trotz der Bindung des Lehens an die persönlichen Elemente Treue und Vasallität seit dem 9. Jahrhundert die faktische Erblichkeit () der Lehen durch. Wegen der zentralen Rolle von Grundherrschaft und Lehenswesen hat man der Gesellschaftsform des Mittelalters den Namen Feudalismus gegeben.

1.23. Reichsteilungen 843/870

Die fränkische Tradition der Herrschaftsteilung kam beim Tode Karls des Grossen 814 nicht zur Geltung und schien mit der sogenannten Ordinato Imperii (Reichsordnung) Ludwigs des Frommen von 817 vollends dem Gedanken der Reichseinheit zu weichen, aber der Kaiser selbst löste mit der Änderung der Nachfolgregelung zugunsten jüngsten Sohnes Karl des Kahlen Sreitigkeiten aus, die schliesslich doch zur Teilung des Reiches führten.

Nach dem Tod des Vaters 840 verbündeten sich Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle gegen den kaiserliche Rechte beanspruchenden () Lothar I. Der Bruderkrieg wurde 843 mit dem Teilungsvertrag beigelegt (). Lothar I erhielt Italien, Karl der Kahle behielt den westlichen, Ludwig der Deutsche den östlichen Teil. Die Reichseinheit blieb nominell gewahrt. Die beabsichtigte Vereinigung von West- und Ostfränkischem Reich gelang nur 885 unter Kaiser Karl III dem Dicken, einem Sohn Ludwigs des Deutschen. Die in den Verträgen von Verdun und Ribemont (880) nach Westen verschobene Grenze zwischen Teilreichen blieb über das Mittelalter hinaus im wesentlichen bestehen.

Daten

Ereignisse

113-101 v.Chr.

Kämpe der Römer mit Kimbern und Teutonen

58 v.Chr.

Sieg Césars über Sweben Ariovist bei Mülhausen

12-9 v.Chr.

Germanenkriege des Drusus

4-6 n.Chr

Germanenkriege des Tiberius

9 n.Chr.

Schlacht im Teutoburger Wald

69-70

Aufstand des Batavers Civilis

Ab 90

Bau des Limes

98

Tacius Germania

166-180

Markomannenkriege Mark Aurels

375

Hunneneinbruch (Zerstörung des Gotenreiches) L

410

Plünderung Roms durch die Westgoten J

419-711

Westgotenreich (bis 507 um Toulouse, dann in Spanien)

429-534

Vandalenreich in Nordafrika

443-534

Burgunderreich in den Westalpen

453

Tod Attilas

455

Plünderung Roms durch die Vandalen

476

Absetzung des letzten weströmischen Kaisers durch den Skiren Odoaker

482-511

Chlodwig König der Franken

486

Sieg Chlodwigs über den römischen Statthalter Syagrius

493-526

Theodorich der Grosse Ostgotenkönig in Italien

496

Taufe Chlodwigs

507

Verdrängung der Westgoten aus Gallien durch Chlodwing L

531

Vernichtung des Thüringerreiches durch die Franken

534

Vernichtung des Burgunderreiches durch die Franken

534

Vernichtung des Vandalenreiches durch Byzanz J

535-553

Ostgotenkriege Kaiser Justians des Grossen

568-774

Langobardenreich in Italien

687

Sieg Pippins des Mittleren bei Tertry

711

Vernichtung des Westgotenreiches durch die Araber L

741-768

Pippin der Jüngere

754

Pippinische Schenkung

5. Juni 754

Märtyrertod des Bonifatius

768-814

Karl der Grosse

772-804

Sachsenkriege

774

Vernichtung des Langobardenreiches durch Karl den Grossen

25. Dez 800

Kaiserkrönung Karls des Grossen

843/870/880

Teilungsverträge von Verdun/Meersen/Ribemont

843-876

Ludwig der Deutsche ostfränkischer König

900-911

Ludwig das Kind (letzter ostfränkischer Karolinger)


Kapitel 2: Von der Entstehung des Deutschen Reiches bis zum Ende der Stauferzeit 1254

//= 1138-1254

2.1.      Die Entstehung des Deutschen Reiches

Seit dem frühen 10. Jahrhundert kann man von einem Deutschen Reich sprechen. Seine Entstehung hatte sich bis dahin über einen längeren Zeitraum vollzogen. Das Königsreich, das man seit dem 11. Jahrhundert Reich der deutschen zu nennen begann, hiess damals noch Ostfrankreich. Es hiess nicht deshalb so, weil es nur von Franken bewohn gewesen wäre, sondern weil es aus dem Frankreich hervorgegangen war. Ludwig der Deutschen herrschte als König über die Bayern, Schwaben, Rhein- und Mainfranken, Thüringer und Sachsen. Schon den Zeitgenossen war bewusst, dass die Bewohner von Ludwigs Ostfrankreichs sich von denen im Reich seines Bruders Karls des Kahlens (König der Westfranken) durch ihre Sprache unterschieden. Der grösste Teil des Gebietes, das sie bewohnten, hatte nicht zum Römischen reich gehört, und das Lateinische war dort nicht wie im Westen Grundlage der Landessprache geworden.

Das Reich Kars des Deutschen wurde entsprechend fränkischen Teilungsbrauch unter seine Söhne in drei Königsreiche aufgeteilt, so wie es dann später, als es keine anderen erbberechtigten Nachkommen gab, in König Ludwig dem Kind wieder einen einzigen König hatte. Im Jahre 911 starb nun auch er, ohne Söhne zu hinterlassen. Nur im Westfrankreich gab es noch einen König aus dem Geschlecht Karls des Grossen. Die ostfränkische Stämme entschieden sich gegen den westfränkischen Karolinger und damit für die Eigenständigkeit ihres reiches gegenüber dem Westen: Sie wählten Konrad, den Herzog der Franken, zum König. König Heinrich I. (919-936), der Nachfolger König Konrads, hatte bei seinem Tode mehrere regierungsfähige Söhne. Aber nur älteste Sohn, - Otto, wurde König. Der fränkische Brauch, das Reich unter die Königssöhne aufzuteilen, wurde also nicht mehr befolgt. Mit Regierungsantritt Ottos I. war erwiesen, dass die Gebiete, die zusammenfassend Ostfrankenreich genannt hatte, im Innern und nach aussen eine Einheit darstellen.

2.2.      Stammesherzogtümer

Bei dem Festmahl, das die feierliche Königskrönung Ottos I. 936 in Aachen beschloss, waren für alle sichtbar vier Männer aus der Menge der anwesenden geistlichen und weltlichen Grossen herausgehoben: die Herzöge der Lothringer, der Franken, der Schwaben (Alemannen) und der Bayern. Sie waren die symbolische Ehrendienste beim Krönungsmahl als Kämmerer (), Truchsess (Vorstand der Kaiser. Hofhaltung), Mundschenk (?) und Marschall; dadurch wurde gezeigt, dass die vier Herzöge die nächsten beim König waren.

Schon bei den beiden vorangegangenen Königswählen waren die Herzöge als Handelnde in Erscheinung getreten: Konrad I. war im Jahre 911 von Franken, Sachsen, Alemannen und Bayern gewählt worden.

Das ältere Stammesherzogtum (ducatus) war der Amtsbereich eines vom König eingesetzten dux (Heerführer). In den ostrheinischen Gebieten bildeten die von Franken unterworfenen Völkerschaften (Bayern, Alemannen und Thüringer) die Gründlage für die Abgrenzung eines Dukats. Es war Erfolg der Zentralgewalt, die Herzöge als Zwischeninstanzen im 8. Jahrhundert wieder beseitigen zu können.

2.3.      Ottonen

Das frühere Mittelalter kannte keine Familiennamen. Um die familienmässige Zusammengehörigkeit von Personen erkennbar zu machen, hat die neuzeitliche Geschichtsschreibung aus familientypischen Leitnamen Geschlechternamen konstruiert. Der Sachsenkönig Heinrich, der im Jahre 919 ostfränkisch-deutscher König wurde, war der erste Ottonen auf dem Königsthron. Der Geschlechtername ist von Heinrichs Sohn und Nachfolger Otto I. (936-973) und von dessen gleichnamigem Sohn Otto II (973-983) und Enkel Otto III (983-1002) abgeleitet. Bei Ottos III. Kinderlosem Tode folgte mit Heinrich II. sein nächster männlicher Verwandter als König. Mit ihm erlosch das sächsische Königsgeschlecht der Ottonen im Jahre 1024.

Der bedeutendste Ottonennherrscher war Otto I. Der Grosse. Er begründete die Tradition der Verbindung von ostfränkisch-deutscher Königswürde und Kaisertum. Als Krönungsort wählte er Aachen und am Ende der Krönungszeremonie nahm er Platz auf dem steinernen Thron Karls des Grossen, so dass er sich unmittelbar in der Nachfolge Karls des Grossen sah. Dazu gehörte auch die Eroberung des langobardisch-italischen Reiches, die Otto im Jahre 951 mit der Königskrönung in Pavia abschloss. Sein grosser Ungarnsieg in der Schlacht auf dem Lechfeld erwies Otto I. als fähiger Verteidiger der lateinischen Christenheit. So war die Kaiserkrönung, die Papst Johannes XII. Am 2. Februar 962 in Rom vollzog, in Ottos herrscherlichem Selbstverständnis und in seiner Politik lange vorbereitet. Wie Karl der Grosse sah auch Otto der Grosse die Heidenmission als Aufgabe des christlichen Kaisers an. Nach vielen Mühen und Rückschlagen erreichte er 968 die Gründung eines Erzbistums in Magdeburg, das als Missionserzbistum in die slavischen Gebiete hineinwirken sollte.

Otto des Grossen Sohn Otto II. führte im wesentlichen die von seinem Vater vorgezeichnete Linie der Politik weiter. Otto III. aber wollte anderes und mehr: Erfühlt von einer schwärmerischen () Begeisterung für die römische Antike, wollte er die Stadt Rom wieder zum Zentrum der Welt machen, Rom als Sitz von Papst und Kaiser, als Mittelpunkt von Christentum und Weltherrschaft, zu unvergleichlicher Grösse führen. Damit ist Otto III. gescheitert. Sein Nachfolger Heinrich II. verlegte den Schwerpunkt seiner Herrschaft wieder in den ostfränkisch-deutschen Bereich nördlich der Alpen, kehrte in die Bahnen Ottos I. zurück.

2.4.      Wikinger/Normannen

Wikinger bedeutet Männer auf grosser Fahrt; Normannen bezeichnet die gleichen Leute als sie, die aus Norden kommen. Beidesmal sind Norweger, Dänen und Schweden gemeint, und zwar dann, wenn sie ausserhalb ihrer Heimat Skandinavien in Erscheinung treten. Das wikingische Zeitalter der Beute-, Handels-, und Eroberungsfahrten reicht vom Ende 8. bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts. Die Wikinger waren Seekrieger. Die Seetüchtigkeit ihrer Schiffe machte für sie alle Küsten und Binnengewässer Europas und der den Nordatlantik begrenzenden Länder erreichbar. Die ersten Nachrichten von wikingischen Überfällen stammen aus England: im Jahre 793 wurde Kloster Lindisfarne an der nördlichen Ostküste Englands überfallen und ausgeplündert. In etwa der gleichen Zeit werden die ersten Wikingerüberfälle im Südwesten Englands gemeldet und wenig später in Irland und an der Atlantikküste des Frankreiches. Die Beute an Schätzen aus Edelmetall, an Sklaven und Lösegeld für Gefangene spornte (<) die Wikinger an, die anfänglich vereinzelten Raubüberfälle zu intensivieren: im 9. Jahrhundert schlugen Wikingerheere feste Standlager auf , um zu überwintern und die Länder systematisch nach Beute zu durchkämmen. Dann wurden die Lager zu Siedlungen ausgebaut; die Wikinger kamen als Einwanderer (), errichteten eigene Herrschaften im Osten und Norden Englands, in Irland, im Nordwesten des Frankreiches und erzwangen (>) deren Anerkennung durch die einheimische Könige. Im Osten Europas, an den grossen Wasserwegen von Dnepr, Düna und Wolga gründeten schwedische Wikinger (Waräger) im 9. Jahrhundert in den slawischen Gebieten Herrschaftssitze. Aber es waren nicht nur die besiedelten Länder Europas, die wikingische Einwandern anlockten. Um 860 entstanden die ersten Wikingersiedlungen in Island, von dort aus gründeten sie um das Jahr 980 zwei Niederlassungen () in Grönland, die bis etwa 1500 bestanden, und von Grönland aus erreichten sie um das Jahr 1000 die Küsten Nordamerikas.

2.5.      Die Schlacht auf dem Lechfeld

Am 10. August 955 kämpfte ein deutsches Heer unter König Otto I. gegen ein zahlenmässig Reiterheer der Ungarn auf dem Lechfeld südlich von Augsburg. König Otto hatte dem Tagesheiligen des 10. August, dem heiligen Laurentius, die Gründung eines Bistums in Merseburg gelobt, wenn Christus durch seine Fürbitte () den Sieg gewähren würde. Unter der Fahne des Erzengels Michael zog das nach Stämmen gegliederte deutsche Heer in die Schlacht. Der Sieg galt denn auch als ein Geschenk Gottes, zugleich aber als besondere Ruhmestat Ottos. Für das frühmittelalterliche Europa bedeutete der Sieg eine Wende: Das nomadische Reitervolk der Ungarn hatte seit der 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts vom Balkan aus die Länder Europas in regelmässigen Beutezügen heimgesucht, die bis nach Frankreich, Norditalien und Byzanz führten. Besonders war das den Ungarn nächstgelegene ostfränkisch-deutsche reich den Überfällen ausgesetzt gewesen, bayerische und sächsische Heere waren vernichtet worden. Nach der Schlacht auf dem Lechfeld wurden die Ungarn an Theiss und mittlerer Donau sesshaft (>), öffneten ihr Land bald der römisch-christlichen Mission und gehörten seither zur Völkerfamilie der lateinischen Christenheit.

2.6. Reichskirche

Unter der Reichskirche versteht man die Gesamtheit der Kirchen, die im früh- und hochmittelalterlichen deutschen Reich auf dem Grundbesitz des Königs als des Herrn des Reiches errichtet waren und seiner unmittelbaren Herrschaft unterstanden. Die Grundherrschaft stellt sich als ein Wechselverhältnis von Gabe und Gegengabe dar, in das auch die Kirchen eingebunden waren. Kirchen und Klöster dienten ihren Herren durch ihre wichtigste Gabe, durch ihre Gebete und Fürbitten, und wurden dafür mit Landbesitz ausgestattet, die im Obereigentum des Herrn blieben. Ein geistlicher und weltlicher Grosser, der auf seinem Grund und Boden eine Kirche errichtete, war der Herr dieser Kirche, sie war sein Eigen, über das er verfügen konnte. Entsprechend war auch der König Herr von Kirchen, nämlich von denjenigen Kirchen und Kloster, die auf Königs- bzw. Reichsgut errichtet waren.

Die zum Reich gehörenden Kirchen und Klöster schuldeten dem König ausser Gebeten und Fürbitten auch Panzerriter für das königliche Heer. Als Gesalbter des Herrn galt er als Beauftragter (Stellvertreter) Gottes im christlichen Volk. Dadurch war er aus der Menge der Laien herausgehoben, galt den Kirchen als der ihnen bestellte Verteidiger von der Gefahren der Welt.

2.6.      Italienpolitik

Die Italienpolitik der ostfränkisch-deutschen Herrscher traf in Italien auf die konkurrierenden Rechtsansprüche und Interessen anderer Mächte. Diese Politik knüpfte bewusst an das Vorbild der karolingischen Frankenkönigen an und hat von daher zwei Grundkomponenten: Zur Italienpolitik gehörte einmal die Beziehung zum Papstum. Otto I liess sich in Anknüpfung an das Vorbild Karls des Grossen im Jahre 962 zum Kaiser krönen. Seither galten die ostfränkisch-deutschen Könige als Verteidiger der römischen Kirche und ihrer Weltlichen Besitzungen; ein Italienzug zur Kaiserkrönung nach Rom gehörte von da an zum festen Bestandteil deutscher Königspolitik. Die zweite Komponente deutscher Italienpolitik war die Eroberung des ehemaligen Langobardenreiches durch Otto I., auch dies in Nachahmung () Karls des Grossen. Seither war der deutscher König zugleich König der Langobarden, waren also Reichsitalien und Deutsches Reich in Personalunion miteinander verbunden. Zu Reichsitalien gehörten vor allem die Gebiete nördlich des Petrimonium Petri (=Kirchenstaat). Da aber der deutsche König als König der Langobarden beanspruchen konnte, König der südlich von Rom gelegenen langobardischen Fürstentümer zu sein, ergaben sich die Konflikte mit den Byzantinern, die Süditalien als ihren Einflussbereich betrachteten, und seit dem 11. Jahrhundert eroberten sie mit den Normannen die langobardischen Fürstertümer und Süditalien mit Sizilien zusammenschlossen. Im Jahre 1186 heiratete der deutsche König HeinrichVI. die Erbin des Königsreiches Sizilien. Mit Ausnahme des Kirchenstaates unterstand damit ganz Italien dem deutschen König. Die Vereinigung des grössten Teils von Italien in der Hand des deutschen Königs wurde 1254 durch den Tod des letzten Königs aus dem Geschlecht der Staufer beendet.

2.8. Salier

Als Heinrich II. im Jahre 1024 starb, erlosch (<) das Königsgeschlecht der sächsischen Ottonen im Mannesstamm. Bei der Wahl des neuen Königs hielten sich die geistlichen und weltlichen Grossen des Reiches so nahe wie möglich an das altangestammte Königshaus: Sie wählten Konrad, den ältesten männlichen Verwandten des Ottonengeschlechts in weiblicher Abstammung. Konrad war Graf in der Gegend um Speyer und besass dort Familiengut.

Als König folgte Konrad II. den traditionellen Linien frühmittelalterlicher Königsherrschaft: Er suchte die königlichen Rechte und Besitzungen zu wahren, wurde 1027 in Rom gekrönt und zeigte sich als mildtätiger frommer König durch die Gründung des Speyerer Domes als Familiengrablege. Von den neuen Zeitströmungen einer ernsthafteren Frömmigkeit wurde erst sein Sohn Heinrich III. Erfasst, der ihm 1039 im Königtum folgte und zusammen mit seiner frommen Gemahlen Agnes die mächtig einsetzendes Bestrebungen der Kirchenreform förderte. Heinrich III. Starb im Alter von 39 Jahren im Jahre 1056; sein damals sechsjähriger Sohn Heinrich IV. Folgte ihm nach.

Im Verlaufe des Investiturstreits kam es zu einer Verbindung von Heinrichs kirchlichen Gegnern mit einer grossen innerdeutschen Adelopposition, die in Sachsen ihr Zentrum hatte. Heinrich IV. musste im Jahre 1077 den Bussgang nach Canossa antreten, um sein Königtum zu retten. Trotzdem wählten die deutschen Fürsten den Schwabenherzog Rudolf zum Gegenkönig, dem gegenüber allerdings Heinrich auf die Dauer die Oberhand () gewinnen konnte. Es war dann nicht der Kampf mit der Kirche, sondern vielmehr ein Aufstand seines Sohnes Heinrich V., der ihn 1105 sein Königtum kostete. Heinrich V., der als verschlagener () Taktiker geschildert wird, gelang es, den Investiturstreit durch das Wormser Konkordat von 1122 zu beenden. Mit seinem kinderlosen Tod im Jahre 1125 fand die Königsherrschaft der Salier ihr Ende.

2.9. Kirchenreform und Religiosität

Zunehmende Kritik an Misständen in der Kirche führte in der Mitte des 11. Jahrhundert zu einer Reformbewegung, die alle Länder Europas erfässte. Die Kritik richtete sich vor allem gegen die Verweltlichen des Klerus, der sich die Güter der Kirche aneinigte, ohne seinen geistlichen Pflichten nachzukommen.

Die Verbreitung der Reformvorstellungen in der römischen Kirche schlug sich in den Vorschriften der Synoden Leos IX. Und seiner Nachfolger nieder (<).

2.10. Investiturstreit

Der Investiturstreit ist die Auseinandersetzung zwischen dem Papsttum und den Königen Europas um das Recht der Investitur (Einsetzung) der Bischöfe, in die die deutschen Könige besonders stark verwickelt waren. Nach altüberliefertem Brauch setzte der deutsche König die Bischöfe seines Herrschaftsbereichs durch die Übergabe von Rings und Stab () in ihr Amt ein. Da man den Kandidaten durch den Willen Gottes vorher bestimmt sah, bestand kein Bedürfnis nach einer klaren Regelung des Wahlverfahrens. Das bedeutete, dass dem König als dem Gesalbten des Herrn auch eine ausschlaggebende Rolle bei der Feststellung des Willens Gottes und damit bei der Auswahl des neuen Bischofs zukam. Diese Praxis erregte lange keine Anstoss, zumal ( ) die Reichskirche nicht nur geistliche, sondern auch weltlich-herrschaftliche Funktionen im Reich wahrzunehmen hatte und beide Bereiche nicht klar getrennt wurden.

Als in der Mitte des 11. Jahrhunderts die Anhänger der Kirchenreform die Vergabe von Kirchenämtern durch Laien als Missbrauch anzuprangern (<) begannen, bezogen die wenigsten auch die königliche Investiturpraxis in diese Kritik mit ein.

Papst Gregor VII. Sprach ein allgemeines Investiturverbot aus, ohne auf die Tatsache Rücksicht zu nehmen, dass die Reichsbischöfe als Reichsfürsten ja auch weltliche Funktionen wahrnahmen. Eine Lösung des Problems wurde dadurch möglich, dass man begrifflich klar zwischen geistlichem und weltlichem Bereich zu unterscheiden lernte und auf dieser Grundlage im Wormser Konkordat von 1122 einen doppelten Einsetzungsakt für die Reichsbischöfe als gültige Rechtsform anerkannte.

2.11. Canossa

Canossa, eine Burg im Apennin, war im Januar 1077 Schauplatz der Kirchenbusse () König Heinrichs IV. vor Papst Gregor VII. König Heinrich erreichte dadurch die Lösung vom Kirchenbahn (=Anathema), den der Papst zuvor über ihn verhängt hatte. Papsttum und Königtum hatten in Mailand verschiedene Kandidaten für das Amt des Erzbischofs unterstützt. Um seiner Auffassung () Nachdruck zu verleihen, dass sich die königliche Partei mit dem Widerstand gegen den päpstlichen Kandidaten ins Unrecht setze, hatte der Papst die verantwortlichen königlichen Räte 1073 exkommuniziert (=Anathema). Obwohl jedem Christen der Umgang mit Exkommunizierten bei Strafe der eigenen Exkommunikation verboten war, trennte sich König Heinrich nicht von seinen Räten. Im Dezember 1075 nun forderte der Papst eine klare Entscheidung: In ultimativer Form verlangte er von Heinrich Trennung von den Räten und Unterwerfung unter das päpstliche Urteil. Das Brief erreichte Heinrich, als er gerade einen Sieg über die aufständischen Sachsen glanzvoll feierte. Zusammen mit seinen Bischöfen sagte er Pappst Gregor von Worms aus den Gehorsam auf und forderte ihn auf, vom päpstlichem Stuhl herabzusteigen. Gregor VII., der sich als Stellvertreter des Apostelfürsten erklärt hatte, wertete das als gotteslästerliche (<) Anmassung () und reagierte entsprechend: In einem Gebet an den Apostel Petrus setzte er seinerseits König Heinrich ab und exkommunizierte ihn. Als dieses Urteil bekannt wurde, erzitterte die Erde, denn dass ein von Gottes Gnaden regierender König aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen und abgesetzt wurde, das hatte es doch nicht gegeben. König und Papst hatten damit gegenseitig die Legitimität abgesprochen. Es zeigte sich bald, dass das Wort des Papstes mehr bewirkte als das des Königs: die Anhängerschaft Heinrichs in Deutschland schmolz (>) dahin. Heinrichs alte Gegner aus dem sächsischen Aufstand drohten mit der Wahl eines Gegenkönigs für den Fall, dass er Heinrich nicht gelangen, sich binnen Jahresfrist vom Bann zu lösen. Statt aber die Lösung vom Bann durch Verhandlungen zu erreichen, wählte Heinrich einen Weg, den wohl niemand erwartet hatte: Mitten im Winter überquerte er die Alpen und erflehte (<) im Büssergewand die Vergebung des Papstes in Canossa. Dem reuigen (<) Büsser durfte Gregor als Seelenhirte die Absolution nicht verweigern ().

2.12. Wormser Konkorad

Am 23. September 1122 schlossen Legaten ( ) im Auftrag Papst Calixs II. mit König Heinrich V. in Worms einen Vertrag, durch den der Investiturstreit im Reich beendet wurde. Die königliche und päpstliche Seite erklärten, auf was sie in Zukunft verzichten wollten. Heinrich V. verzichtete auf die Investitur mit Ring und Stab und gestand kanonische Wahlen und freie kirchliche Weihen ( )zu. Der Papst wiederum erkannte an, dass in Deutschland die Wahl der Reichsbischöfe in Gegenwart des Königs stattfinden sollte. Beide Schriftstücke zusammen enthalten die Annerkennung beider Parteien, dass ein Reichsbischof Verpflichtungen sowohl gegenüber der Kirche als auch gegenüber dem Reich hatte.

2.13. Stadtgemeinde und Bürgerfreiheit

Gemeinde kommt von gemein, gemeinsam und entspricht dem Wort Kommune. Seit dem späten 11. Jahrhundert begannen die Bürger städtlicher Siedlungen, im Innern ihre gemeinsamen Angelegenheiten wie Marktaufsicht, Zölle, Steuern, Mauerbau, Stadtverteidigung und Rechtssprechung durch eigene Beauftragte zu regeln. Alles dies war vorher Sache des Stadtherrn gewesen. Nicht alle Stadtbewohner, sondern nur die, die Bürgerrecht besassen, gehörten zu Gemeinde. Oft war die Voraussetzung für den Bürgerstatus der Besitz von Grund und Boden in der Stadt. Die Juden als Nichtkristen standen genauso ausserhalb der Bürgerschaft wie der Klerus und die Insassen der Klöster. Der Zugang zum rat der Stadt und zu den Magistraten war lange den ratsfähigen Familien vorbehalten, dem Patriziat der Städte, das sich aus reichen Kaufleuten zusammensetzte. Erst in den Zunftkämpfen () des 14. Jahrhunderts erlangten die Handwerker den Zugang zu Rat und städtischen Regierungsämtern.

2.14. Kreuzzüge

Die Kreuzzüge waren bewaffnete Pilgerfahrten (<), vor allem zur Befreiung und Sicherung Heiligen Stätten der Christenheit in Palästina. Die Kirche gewährte dafür den Ablass. Der erste Kreuzzug nach Palästina wurde durch Papst Urban II. ausgelöst, der 1095 in einer flammenden rede auf dem Konzil von Clermont die Bedrückung der christlichen Brüder im Osten durch die Ungläubigen beklagte und Arme wie Reiche zur bewaffneten Hilfe aufrief. Papst Urban hatte vor allem die christliche Ritterschaft Süd- und Mittelfrankreichs, Flanders, der Normandie und Lothringens zum Kreuzzug aufgerufen. Aber auch zusammengelaufenes Volk nahm das Kreuz und wälzte sich als undisziplinierter Haufe durch das Land, der zunächst einmal die Aggressionen bei heimischen Nichtchristen, den jüdischen Gemeinden austobte. Der erste Kreuzzug wurde von den ersten Judenpogromen des Mittelalters begleitet.

Die Ritterheere, die 1096 aufgebrochen waren, eroberten 1099 Jerusalem und errichteten dort das lateinische Königreich Jerusalem, nicht ohne vorher ein furchtbares Blutbad in der Stadt angerichtet zu haben.

Bedrängnisse und Gefährdehrung des Königreiches Jerusalem und der anderen Kreuzfahrerstaaten durch die islamischen Nachbarn führten später zu weiteren Kreuzzügen: Der Fall Edessas 1144 löste durch die mitreissende Predigten ( ) des grossen Zisterzienserabtes () Bernhard von Clairvaux den zweiten Kreuzzug aus, mit dem auch der deutsche König Konrad III. Ins Heilige Land zog. Als Jerusalem 1187 durch Sultan Saladin eingenommen wurde, leitete Friedrich Barbarossa aus seiner Vorstellung einer universalen Verantwortung des Kaisers als Schutzherr der westlichen Christenheit die Verpflichtung ab, den 3. Kreuzzug (1189-1192) anzuführen. Es war das grösste Kreuzzug Unternehmen des Mittelalters. Nach dem Tod Friedrichs 1190 in der Osttürkei erreichte der englische König Richard Löwenherz durch Verhandlungen mit Saladin Zugeständnisse für christliche Pilger, freilich ohne Jerusalem zurückerobert zu haben.

Die Kreuzzüge des 13. Jahrhunderts, wie der 4. Kreuzzug 1202-1204, bei dem das doch ebenfalls christliche Konstantinopel erobert wurde, und der Kinderkreuzzug von 1212, bei dem Tausende von Kindern durch betrügerische Machenschaften in die Sklaverei verkauft wurden, dienten immer offensichtlicher politischen Sonderinteressen. Als 1291 Akko, die letzte christliche Festung in Palästina, fiel, war das Zeitalter der Kreuzzüge endgültig vorbei.

2.15. Staufer

Seit dem 12. Jahrhundert bezeugten (>) die Angehörigen eines Adelsgeschlechts ihre Zusammengehörigkeit dadurch, dass sie ihrem Taufnamen den Namen ihrer Stammburg hinzufügten. Stammburg derer von Staufen war die Burg Stauf auf dem Berg Hohenstaufen bei Göppingen.

Heinrich IV. hatte in den Bedrängnissen des Investiturstreit den schwäbischen Grafen Friedrich 1079 zum Herzog von Schwaben ernannt und ihm seine Tochter zur Frau gegeben. Mit ihm beginnt die Bedeutung der Staufer in der Reichspolitik. Aus dem Streit um die Thronfolge nach dem kinderlosen Tod des letzten Salierkönigs Heinrich V. (1125), entstand die Feindschaft zwischen den Staufern und dem swäbischen Adelgeschlecht der Welfen, weil die Staufer als nächste Verwandte der Sailer die Königsnachfolge beanspruchten, die Fürsten aber den mit den Welfen verbündeten sächsischen Herzog Lothar von Supplinburg zum König wählten (1125-1137). Bürgerkrieg war die Folge, der in verschärfter Form weiterging, als statt Lothars welfischem Schwiegersohn 1138 der Staufer Konrad zum König gewählt wurde. Die fortgesetzte Kampf gegen die Welfen und die Erfolglosigkeit des 2. Kreuzzuges, an dem er teilnahm, liess den Zeitgenossen die Regierungszeit Konrads III. (1138-1152) als besonders glücklos erscheinen, so dass sich die Regierung seines Neffen Friedrich so glanzvoll dagegen abhob. Friedrich Barbarossa (1152-1190) ist wohl bekannteste mittelalterliche deutsche König. Als er auf dem Kreuzzug im Fluss Saleph in Kleinasien ertrank, ging das Königtum problemlos auf seinen bereits gekrönten Sohn Heinrich VI. (1190-1197) über, der zuvor seinen Herrschaftsbereich durch Heirat um das normannische Königsreich Sizilien vergrössert hatte. Bei seinem Tod brach der stauflisch-welfische Gegensatz erneut auf: Mit der Doppelwahl von 1198 kam es zum Thronstreit, der schliesslich durch die Königswahl Friedrichs, des Sohnes Heinrichs VI., beendet wurde. Er war in Sizilien aufgewachsen und kam 1212 über die Alpen, um als Erbe seines Vaters die deutsche Königskrone zu erringen ().

Die Staufer gelten als das begabteste deutsche Herrschergeschlecht. Mit dem Namen staufischer Herrscher verband sich in Notzeiten die Hoffnung des Volkes auf Besserung.

2.16. Friedrich Barbarossa

Als Konrad III., der erste Staufer auf dem Königsthron, starb, wurde entgegen geltendem Brauch nicht sein unmündiger Sohn, sondern sein Neffe Friedrich zum König gewählt, den man wegen seines rötlich-blonden Bartes schon zu Lebzeiten in Italien Barba-rossa nannte. Als Sohn einer welfischen Mutter und eines staufischen Vaters brachte er die Jahrzehntentlangen die Auseinandersetzungen zwischen Staufern und Welfen zu einem friedlichen Ausgleich, so dass dem Geschichtsschreiber Otto von Freising Friedrichs Königtum als der Beginn einer neuen Epoche des Friedens und der Grösse des Reiches erschien. Friedrich I. (1152-1190), der 1155 in Rom zum Kaiser gekrönt wurde , war ein glanzvoller, tatkräftiger Herrscher. Sein Leben lang hat er für die Ehre des Reiches gekämpft. Da es kein Verzeichnis der Reichsrechte gab und auch keine Könige Verwaltung, war manches ausser Brauch geraten. Da traf besonders auf Italien zu , das die direkten Vorgänger Friedrichs nur selten betreten hatten. Dort setzten sich die durch Handel und Gewerbe reich und selbstbewusst gewordenen Städte gegen Friedrichs Ansprüche zur Wehr. Unter Führung des mächtigen Mailand schlossen sie sich 1167 zum Lombardenbund zusammen, gegen den Friedrich jahrzehntenlang Krieg führte.

Als Kaiser sah Friedrich sich als den besonderen Schutzherrn der Römischen Kirche und des Papsttums. Im Jahre 1187 fiel Jerusalem in die Hände der Muselmanen. Der Kaiser nahm mit vielen anderen Rittern das Kreuzzug. Der Heidenkampf sollte die Krönung seines kristlichen Kaisertums sein. Friedrich Barbarossa ertrank aber im Fluss Saleph, bevor er das Heilige Land erreichte.

2.17. Fehdewesen und Landfrieden

Im modernen Staat ist den Bürgern eigenmächtige Gewaltanwendung bei Strafe untersagt. Niemand darf sich sein Recht auf eigene Faust nehmen. In einem Rechtsstreit entscheiden die staatliche Behörden das Urteil durch. Sie allein dürfen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen Gewalt anwenden. Dieses Monopol auf legitime Gewaltanwendung unterscheidet den modernen Staat von den politischen Ordnungen des Mittelalters. Im Frühmittelalter war ein Rechtsstreit allein die Sache der streitenden Parteien. Wer sich in seinen Rechten gekränkt sah, führte eine Fehde (, ) und mit ihm seine Verwandten und Freunde als Fehdehelfer. Die Fehde wurde nach dem Prinzip des Schadentrachtens geführt: Alles, was der Gegner hatte, konnte zerstört werden. Zwar gab es daneben die Möglichkeit der Friedlichen Einigung vor Gericht, bei der der geschädigten Partei die Rache () durch die Busszahlung abgekauft wurde.

2.18. Ministerialen/Dienstmannen

Das Wort Ministeriale ist abgeleitet von ministerium = Dienst und bezeichnet Menschen, die durch Besondere Dienste ihre Rechtstellung ( ) verbessert haben. Im Mittelalter hatte jeder seinen eigenen rechtsstand, der im frühen Mittelalter vor allem durch die Geburt () bestimmt war. In den Grundherrschaften () von König, Adel und Kirche lebten Menschen, die von Geburt frei waren, neben solchen, die von unfreien Eltern abstammen und deshalb selbst unfrei waren. Die Lebensbedingungen der Freien waren in der Regel besser als die der Unfreien. Es ist schwer zu sagen, wenn einige der Unfreien durch besondere Fähigkeiten und Dienste aus der Masse der übrigen deutlich hervorzutreten begannen. Seit dem frühen 11. Jahrhundert jedenfalls gab es eine Gruppe, die sich nicht nur durch eine eigene Bezeichnung Ministeriales- abhob, sondern auch durch ein eigenes Recht, das ihnen gegenüber anderen Angehörigen der Grundherrschaft besondere Vorrechte sicherte. Die Ministerialen dienten ihren Herren auf vielfältige Weise: in der Verwaltung, als Kaufleute, als Gesandte mit besonderen Aufträgen und auch als Ritter. Die Könige haben versucht, aus den Ministerialen eine Art Reichbeamtenschaft aufzubauen. Die Schwähe des Königstums im Thronstreit hat dazu beigetragen, dass dieser Versuch scheiterte. Die Ministerialen gehörten im Gesellschaftsaufbau des Spätmittelalters zum niederen Adel.

2.19. Rittertum

Aus drei Ständen, nämlich aus Betern (oratores), Kriegern (bellatores) und körperlich Arbeitenden (laboratores) setzte sich die Gesellschaft zusammen. Abbild der gesellschaftlichen Wirklichkeit; sie zeigt aber, dass man den Ort der Menschen in der Gesellschaftsordnung durch eine Art berufsmässiger Tätigkeit bestimmt sah. Einer der Gründe für die Ausbildung eines Berufskriegerstandes lag in der Militärtechnik: Die Krieger (milites) kämpften zu Pferde; sie waren berittene Krieger, ausgerüstet mit Schild und Lanze (), eisernem Kettenhemd oder gepanzerter Rüstung. Diese Art des Kampfes erforderte regelmässiges Training und Geld für die teuere Ausrüstung. Die Ritter mussten von der landwirtschaftlichen Tätigkeit freigestellt sein, um dem Kriegerberuf nachgehen zu können. Das war zunächst den adeligen Grundherren möglich. Aber schon die Karolinger hatten arme Freie und auch Unfreie als Berufskrieger verpflichtet und sie für ihre militärischen Dienste mit einem Dienstgut ausgestattet, und seit dem 11. Jahrhundert kamen vor allem Krieger aus dem Ministerialenstand dazu. Die Kirche des Frühmittelalters hatte jede Form von Kampf und Kriegführen als mit der christlichen Moral unvereinbar abgelehnt. Erst als sich mit der Bekämpfung des islamischen Araber in Spanien seit dem 11. Jahrhundert die Vorstellung herauszubilden begann, dass der Kampf für Christentum und Kirche ein gottgefälliges Werk sei, war die Grundlage für eine christliche Kriegerethik gelegt. Ein Ritter sollte das Streben nach Ruhm und weltlicher Ehre in der Dienst höherer Ziele stellen, des Heidekrieges vor allem.

2.20. Thronstreit

Friedrich, der Sohn des Staufenkaisers Heinrich VI. und Konstanzes, der Erbin des normannischen Königsreiches Sizilien, war noch drei Jahre alt, als sein Vater völlig überraschend im September 1197 starb. Obwohl das Kind bereits zum deutschen König gewählt und damit die Nachfolge eigentlich entschieden war, brachte der frühe Tod des Kaisers diejenigen politischen Kräfte auf den Plan, die eine Vereinigung Süditaliens mit dem Reich und eine darauf begründete staufische Vorherrschaft ablehnten: Das waren die Kaiserwitwe Konstanze, die, wie man wusste, die Deutschen nie geliebt hatte; dann der Papst, der eine Umklammerung () des Kirchenstaates fürchtete und deshalb zu verhindern suchte, dass der Erbe Siziliens zugleich deutscher König war; und schliesslich eine Gruppe stauferfeindlicher Fürsten in Deutschland. Als sie hörten, dass Konstanze für ihren Sohn auf die deutsche Königswürde verzichtet hatte, bereiteten sie die Königswahl Ottos, eines Sohnes Heinrichs des Löwen, vor. Aber die Stauerpartei kam ihnen zuvor: Sie wählten den Bruder des verstorbenen Kaisers, Herzog Philipp von Schwaben, ohne allerdings die Königswahl Ottos dadurch verhindern zu können. Seit dem Jahre 1198 hatte das deutsche Reich mit dem Welfen Otto IV. und dem Staufer Philipp von Schwaben zwei Könige, die sich gegenseitig bekämpften. Zehn Jahre dauerten die Auseinandersetzungen, in denen Philipp von Schwaben zunehmend an Unterstützung gewann. Da wurde Philipp am 21. Juni 1208 ermordet. Otto IV. erreichte Anerkennung als König, bis er Friedrich II. weichen musste, der 1212 nach Deutschland kam, um sein väterliches staufiches Erbe einzufordern, und bald allgemeine Anerkennung als König fand.

Der Thronstreit von 1198 gilt als einer der Wendepunkte deutschen Geschichte. Der Thronstreit hinderte, dass die von Friedrich Barbarossa geschaffenen Ansätze weiterfolgt werden konnten. Der Thronstreit gilt als ein wichtiger Grund dafür, dass die deutschen Könige der Folgezeit nicht wie die Könige von Frankreich und England einen Einheitsstaat aufbauen konnten.

2.21. Landesausbau/Ostsiedlung

Das frühmittelalterliche Westeuropa war dünn besiedelt. Nur ein geringer Teil der Gesamtfläche wurde landwirtschaftlich genutzt, und auch dort fehlten oft die Menschen, um bereits kultiviertes Land weiter zu bewirtschaftlichen. Seit der Mitte des 11. Jahrhunderts aber setzte bemerkenswertes Bevölkerungswachstum ein, das bis in das 14. Jahrhundert hinein anhielt. In den bereits dichter besiedelten Gegenden Frankreichs und Englands stieg die Bevölkerung, so schätzt man, vom Ende des 11. Jahrhunderts auf Dreifache. Die intensivere Bodenutzung und damit die Steigerung der Erntenträge im Altsiedelland reichte nicht aus, um die stets wachsende Zahl von Menschen zu ernähren. Es musste bislang unbewirtschaftliches Land durch Rodung (> ) dazugewonnen werden. Rodungsland waren zunächst die Waldgebiete und Gebirge in Westeuropa selbst. Erst allmählich zogen Bauern als Siedler weiter nach Osten. Heinrich der Löwe warb für die Erschliessung Holsteins und Mecklenburg flämische, holländische und niederdeutsche Bauern als Siedler an. Ein knappes Jahrhundert später bemühte sich der Deutsche Orden um deutsche Siedler für das Prussenland und Litauen, weil die einheimische Bevölkerung nicht ausreichte, um das Land weiter zu Erschliessen. Aber auch polnische Fürsten suchten Bauern aus dem volkreicheren Westen in ihr land zu ziehen.

2.22. Deutscher Orden

1199 beauftragte Pappst Innozenz III. die Brüder des Hospitals der Deutschen in Jerusalem, die bislang im Heiligen Land kranke Pilger gepflegt hatten, zusätzlich mit dem Heidenkampf. Damit war der Deutsche Orden als Ritterorden entstanden. Die Deutschordnenritter trugen als Zeichen ihrer Ordenzugehörigkeit einen weissen Mantel mit schwarzem Kreuz, Ihr Aktionsfeld war zunächst das Heilige Land. Der Heidenkrieg, zu dem die Ordenritter verpflichtet waren, verlagerte sich bald vom Heiligen Land nach Osteuropa. Vom östlich der Weichsel gelegenen Prussenland, das ihm ursprünglich übertragen worden war, griff der Orden nach Westen und Nordosten aus. Durch die Expansion entstanden Konflikte mit Polen, die allerdings keine nationalen Gegensätze waren.

Daten

Ereignisse

911-918

Konrad I.

919-936

Heinrich I.

933

Sieg Heinrichs über Ungarn

936-973

Otto I., der Grosse

951-952

Italienzug Ottos und Krönung in Pavia zum König der Langobarden

10. Aug. 955

Schlacht auf dem Lechfeld

2. Febr. 962

Kaiserkrönung Ottos des Grossen in Rom

968

Gründung des Erzbistums Magdeburg

973-983

Otto II. (967 Kaiser)

983-1002

Otto III. (996 Kaiser)

1002-1024

Heinrich II. (1014 Kaiser)

1033

Konrad II. wird König von Burgund

1039-1056

Heinrich III. (1046 Kaiser)

1056-1105

Heinrich IV. (1084 Kaiser)

1073-1085

Papst Gregor VII.

1074-1075

Sächsischer Fürstenaufstand gegen Heinrich IV.

1076

Heinrich IV. und Gregor VII. Erklären sich gegenseitig für abgesetzt

1077

Lossprechung Heinrichs IV. von Bann in Canossa

1077-1080

Gegenkönig Rudolf von Rheinfelden

1096-1099

1. Kreuzzug

1105-1125

Heinrich V. (1111 Kaiser)

1119

Zisterzienserorden vom Papst anerkannt

1125-1137

Lothar III. von Supplinberg (1133 Kaiser)

1138-1152

Konrad III.

1147-1149

2. Kreuzzug

1152-1190

Friedrich I. Barbarossa (1155 Kaiser)

1167

Lombardenbund

1180

Sturz Heinrichs des Löwen

1189-1192

3. Kreuzzug

1190-1197

Heinrich VI. (1191 Kaiser)

1199

Gründung des Deutschen Ordens

1202-1204

4. Kreuzzug (Kreuzfahrer erobern Konstantinopel)

1208

Ermordung Philipps von Schwaben

1209

Kaiserkrönung Ottos IV.

1212-1250

Friedrich II. (1220 Kaiser)

1228-1229

5. Kreuzzug

1248-1254

6. Kreuzzug

1250-1254

Konrad IV.


Kapitel 3: Spätmittelalter

3.1.      Interregnum

Als Interregnum wird üblicherweise die Epoche zwischen dem Erlöschen des staufischen Herrscherhauses in Deutschland (1254) und der Wahl Rudolfs von Habsburgs im Jahre 1273 bezeichnet. Es gab eher zuviel Könige, die die Herrschaft im reiche beanspruchten. Nach dem Tode Konrads IV. (1254) und Wilhelms (1256) gingen aus einer zwiespältigen Wahl im Jahre 1257 wieder zwei Könige hervor: Alfons X. Von Kastilien, ein Enkel Philipps von Schwaben, sowie Richard von Cornwall, ein Bruder des englischen Königs Heinrich III. und Vetter Ottos IV.

Die Doppelwahl, die insofern verfassungsrechtlich bedeutsam war, zeigte bald die Folgen, die eigentlich schon vorauszusehen waren. Während Alfons von Kastilien überhaupt nie ins Reich kam, um seine Königsherrschaft anzutreten, gelang es auch Richard nicht, während seiner kurzen Aufenhalte in Deutschland, allgemeine Anerkennung zu erlangen.

Fehlte es somit auch nicht an Königen, so fehlte es doch an einer allseitlich anerkannten königlichen Autorität, die in der Lage gewesen wäre, Frieden und recht zu gewährleisten und hemmungslosen Interessenegoismus der Mächtigen in Schranken zu halten. Während die Fürsten dieser Entwicklung in ihrer Mehrzahl eher gleichgültig gegenüberstanden, hatten die rheinischen Städte bereits im Jahre 1254 zur selbsthilfe gegriffen und zur Aufrechterhaltungdes Landfriedens einen grossen Städtebund (Rheinischer Bund) geschlossen, dem bereits nach zwei Jahren über 70 Städte angehörten. Die Erfolge des Bundes, der energisch gegen die Friedensbrecher vorging, veranlassten ( ) sogar die rheinischen Erzbischöfe, den Pfalzgrafen sowie mehrere Bischöfe, Grafen und Herren zum Anschluss. Als im Jahre 1255 auch König Wilhelm den Bund reichsrechtlich anerkennte, schien sich hier für das Königtum eine Möglichkeit zu bieten, die selbstbewussten Städte im Sinne der Reichspolitik zur Friedenswahrung heranzuziehen.

Wie sehr der Bund sich als Wahrer des Reichsunteressen fühlte, wird nach dem Tode Wilhelms (1256) besonders deutlich, als die Städtevertreter besclossen, während der Thronvakanz das Rechtsgut zu schützen und nur einem einhellig gewählten König die Tore zu öffnen. Dennoch konnte die Doppelwahl von 1257 nicht verhinert werden, was das auch das Ende des Bundes bedeutete, die die meisten Städte aus handelspolitischen Gründen Richard von Cornwall anerkannten, ohne hierdurch die Lage im Reich ändern zu können.

3.2.      Hausmachtkönigtum

Das spätmittelaterliche Königtum wird mitunter auch als Hausmachtkönigtum bezeichnet, womit regelmässig die Vorstellung verbunden wird, dass der König seine Königsherrschaft in erster Linie zur Förderung seines eigenen Hauses und erst sekundär zum Wohle des Reiches eingesetzt habe. Da der deutsche König im Gegensatz zu den westeuropäischen Monarchen nicht durch Erbfolge, sondern durch die Wahl der Kürstenfürsten zur Herrschaft gelangte, war für ihn wenn er an die Nachfolge dachte, allenfalls sicher, dass seine Dynastie im Besitz der ererbten Stammlande bleiben würde.

Die Könige ohne grosse eigene Landesherrschaften mussten daher veruchen, sich anderweitig eine entsprechende Machtgrundlage aufzubauen. Hierzu bot sich vor allem dann eine Gelegenheit, wenn grosse Reichslehen () durch das Austreben einer Dynastie oder den Ungehörsam der Inhaber an das Reich fielen. Zwar bestand rechtlich durchaus die Möglichkeit, diese Lehen in unmittelbare Reichsverwaltung zu nehmen; in der Praxis haben es die Könige aber regelmässig vorgezogen, die anfallenden Güter an die eigenen Söhne zu verleihen und sich auf diese Wiese eine Hausmacht zu schaffen. So erwarben z.B. die Habsburger unter König Rudolf die Herzogtümer Österreich und Steiermark (1282), die Luxemburger unter Heinrich VII. Das Königsweich Böhmen (1310) und die Wittelsbacher unter Ludwig dem Bayern die Markgrafschaft Brandenburg (1323).

3.3.      Rudolf von Habsburg

Als im Jahre 1272 Richard von Cornwall starb, hatte das Reich zwar nominell in Alfons von Kastilien noch einen König, der zunächst auch keineswegs bereit war zu verzichten, der andererseites aber in den langen Jahren des Interregnums seit 1257 auch keinen einzigen Versuch gemacht hatte, seiner Herrschaftsanspruch auf deutschem Boden durchzusetzen. Der Papst, Gregor X., der sich zu dieser Zeit mit dem Gedanken eines allgemeines Kreuzzuges unter der Autorität eines einhellig anerkannten römisch-deutschen Kaisers trug, schätzte die Situation durchaus realistisch ein, als er die Kurfürsten zur Neuwahl drängte, mit der Drohung, im Falle längerer Verzögerung mit den Kardinälen einen Kandidaten durch einseitige Verfügung zu bestimmen.

Als am 1. Oktober 1273 die Kurführsten in Frankfurt zur Wahlhandlung zusammentraten, fiel die Wahl auf den Grafen Rudolf von Habsburg, obwohl auch andere mächtige Kandidaten unter ihnen der König von Frankreich und König Ottokar von Böhmen ihr Interesse angemeldet hatten. Wenn auch die spätere böhmische Propoganda Rudolf als armen Grafen, dessen Wahl nur den Machtinteressen der Kurfürsten gedient habe, verspottete (<), so sah die Wirklichkeit doch etwas anders aus. Obwohl nicht dem Reichsfürstenstande angehörend, galt Rudolf, der über umfangreichen Besitz und ausgedehnte Herrschaftsrechte im Aargau, im Zürichgau sowie am Oberrhein, im Elsass und Schwarzwald verfügte, als der bedeutendste Teritorialherr im Südwesten des Reiches.

Wahrscheinlich schon vor seiner Wahl hatte sich der neue König den Kurfürsten gegenüber durch Eid verpflichtet, die im Laufe des Interregtums entfremdeten Guttern und Herrschaftsrechte des Reiches diesem wieder zuzuführen. Bereits auf seinen ersten Hoftagen nahm sich Rudolf dieser Aufgabe an, die die allerdings bald zu einer gefährlichen Konfrontation mit dem mächtigen Böhmenkönig Ottokar II. führte, da dieser sich nach dem Tode Kaiser Friedrichs II. ohne ausreichende Legitimation in den Besitz der Herzogtümer Österreiche und Steiermark gesetzt hatte. Da Ottokar, auf seine Machtposition vertrauend, es zudem abgelehnt hatte, Rudolf als König zu huldigen ( ), konnte Rudolf im Wege eines förmlichen Rechtsverfahrens gegen seinen vorgehen, das mit dessen ächtung endete (1275). Nachdem Ottokar die Forderungen Rudolfs auf Herausgabe der umstrittenen Länder und die Lehnshuldigung für Böhmen und Mähren erfühlt, dann sich aber erneut aufgelehnt hatte, mussten die Waffen endgültig entscheiden. Dabei gelang es König Rudolf, seinen Gegner in der Schlacht auf dem Marchfeld bei Dürnkrut (1278) vernichtend zu schlagen: Ottokar selbst kam auf der Flucht ums Leben.

Bei aller Popularität, die Rudolf auf bei den niederen Ständen genoss, zeigte sich die Kehrseite dieses Herrschaftsstiles doch darin, dass weite Bevölkerungskreise diesen nüchternen () Mann nicht mit dem glanzvollen Charisma des sraufischen Kaiserstums wie es Friedrich II. praktiziert hatte, identifizierten.

Wenn auch Rudolf weder die Kaiserkrönung in Rom noch die unmittelbare Thronfolge eines seiner Söhne erreicht hat, so hat er doch mit dem Erwerb Osterreichs und der Steiermarkfür den Aufstieg des Hauses Habsburg gelegt, das Ende des 14. Jahrhunderts über den grössten Landerkomplex im Reiche verfügte. Da es den Habsburgern trotz dieser Erfolge nicht gelungen war, in den Kreis der Kurfürsten aufzusteigen, versuchte Herzog Rudolf IV. (1358-1365), durch eine Privilegienfälscherung seinem Haus besondere Vorrechte u.a. den Titel eines Erzherogs, zu verschaffen, was allerdings im 15. Jahrhundert vom Reich anerkannt wurde. Nachdem Ende des 14. Jahrhunderts Teilungen und die Auseinandersetzung mit den Eidgenossen zu einer gewissen Schwächung geführt hatten, gelang es Herzog Friedrich V. alle Länder wieder in seiner Hand zu vereinigen. Sein Sohn und Nachfolger Maximilian I. brachte ausserdem noch das burgundische Erbe in die habsburgische Ländermasse ein.

3.4.      Schweizer Eidgenossenschaft

Am 1. August 1291, kurz nach dem Tode Königs Rudolf von Habsburg, schlossen im Westen des Habsburger Herrschafts die drei Talgemeinden Uri, Schwyz und Nidwalden einen ewigen Kandfriedensbund, dem sich wenig später auch Obwalden anschloss. Dieser Bund unterschied sich von anderen Landfriedenseinigungen vor allem durch die soziale Herkunft und Rechtsstellung seiner Mitglieder. Während sonst Fürsten und Reichsstädte derartige Bündnisse schlossen, handelte es hier um Landgemeinden, die jeweils in einer gemeinsamer Wirtschafts- und Gerichtsorganisation zusammenschlossen waren. Die Abgeschlossenheit der Täler und die Gemeinsamkeit der Lebensbedingungen verwischte (>) die sonst üblichen Standesunterschiede zwischen Freiheit und Unfreiheit, wobei die Führungsrolle gemeinsam von einzelnen adligen Sippen und Reichen Bauerfamilien übernommen wurde. Aus der Rahmen des üblichen fiel der Bund ferner durch den unterschiedlichen Rechtsstatus der drei Talgemeinden (ab 1309 Waldstätte genannt). Während Nidwalden der habsburgischen Landesherrschaft unterstand, galten Uri und Schwyz seit 1231 als reichsunmittelbar. Der Bund von 1291 richtete sich zunächst nicht generell gegen Habsburg, sondern sollte wohl vorrangig () der Eindämmung () der zahlreichen Fehden () dienen.

Erst seit der Intensivierung der habsburgischen Landesherrschaft unter Albrecht I. und Leopold I. geriet der Bund in zunehmenden Gegensatz zu Habsburg, was im Jahre 1315 zum ersten militärischen Konfrontation führte. In der Schlacht am Morgarten gelang es den Eidgenossen, unter Ausnutzung des Geländevorteils das österreichische Ritterheer unter Führung Herzog Leopolds vernichtend zu schlagen.

Entscheidend für die Weiterentwicklung des Bundes war in der Folgezeit, dass sich die Städte Luzern (1332), Zürich (1351), Glarus (1352 sowie Bern (1353) dem Bunde anschlossen, der damit die sogenannten Acht Orte umfasste. Gegenüber erneuten habsburgischen Unterwerfungsversuchen konnten sich die Eidgenossen militärisch in den Schlachten von Sempack (1386) und Näfels (1388) behaupten; im 15. Jahrhundert gelang es ihnen sogar, in die Offensive zu gehen und 1415 den Aargau, 1460 den Thurgau zu erobern. Auch gegnüber den Expansionsbestrebungen des neuburgundischen Herzogtums unter Karl dem Kühnen blieben die Schweizer Eidgenossen jetzt im Bunde mit Habsburg am Ende siegreich. Ebenso scheiterte der Versuch König Maximilian I., die Schweizer im sogenannten Schwabkrieg zur Anerkennung des Beschlüsse () des Wormser Reichstags von 1495 zu zwingen. Mit dem Frieden von Basel (1499) schieden (<) die Eidgenossen de facto bereits aus dem Verbund des Heiligen Römischen Reiches aus, was de jure allerdings erst im Westfälischen Fridensvertrag von 1648 bestätigt wurde.

3.5.      Ludwig der Bayer

Im Jahre 1282 als Sohn des Herzogs Ludwig des Strengen von Bayern und der Mathilde von Habsburg geboren, trat Ludwig nach dem Tode des Vaters im Jahre 1301 zusammen mit seinem Bruder Rudolf die Herrschaft an. Im Streit um die Vormundschaft () über die niederbayerischen Vettern kam es im Jahre 1313 zu einer militärischen Kraftprobe mit dem Habsburger Friedrich dem Schönen, Herzog vom Österreich, die Ludwig durch einen glänzenden Sieg für sich entscheiden konnte.

Durch die gewonene Schlach empfahl Ludwig sich der luxemburgischen Partei im Reiche, die nach dem Tode Kaiser Heinrichs VII. Versuchte, das luxemburgische Hausinteresse zu wahren, als Thronkandidat. Allerdings kam es zu einem Doppelwahl, in der ein Teil der Kürfsten Ludwig, ein anderer Teil aber Friedrich den Schönen zum König wählte. Wenn auch Ludwig über die Mehrheit der Kurststimmen verfügte, war dies damals noch ohne rechtliche Bedeutung; über die Ansprüche der Beiden Kandidaten mussten daher die Waffen entscheiden. Die Entscheidung fiel im Jahre 1322, als es Ludwig gelang, seinen Rivalen in der Schlacht bei Mühldorf entscheidend zu schlagen und gefangzunehmen. Um die Habsburger auf seinr Seite zu ziehen, verständigte er sich mit Friedrich dem Schönrn und gestand diesem sogar die Mitregierung als König zu, die allerdings kaum mehr praktische Auswirkungen haben sollte, da Friedrich bereits im Jahre 1330 starb.

Nach seinem Sieg bei Mühldorf entschloss sich, durch die Entsendung einers Reichsvikars in Italien einzugreifen, wodurch er allerdings einen für ihn verhängnissvollen () Konflikt mit dem damals in Avignon residierenden Papstum auslöste. Papst Johanes XXII. hatte bisher dem deutschen Thronstreit abwartend zugesehen, ohne einem der beiden Kandidaten die päpstliche Anerkennung (Approbation) zu erteilen. Da nach seiner Auffassung das Reich vakant war, nahm er selbst für seine Person in Italien die Rechte als Reichsvikar, d.h. in Stellvertretung für den künfigen König, in Anspruch. Als Ludwig sich nun abschickte, die politischen Gegner der Kurie in Italien zu unterstützen, eröffnete der Papst ein förmliches Rechtsverfahren gegen ihn, mit der Beschuldigung, sich ohne päpstische Zustimmung die Königswürde angemass zu haben und verhängte im Jahre 1324 auch den Kirchenbann über seinen Gegner, von dem sich dieser nie löden sollte. Ludwig wehrte sich mit Appelationen an ein allgemeines Konzil, wobei die Auseinandersetzung in der Folgezeit verschärft wurde, dass radikale Gegner des Papstes, wie der Magister Marsilius von Padua, Zuflucht am Münchner Hof fanden. Ihrem Einfluss war es massgeblich zuzuschreiben, dass sich Ludwig in Jahre 1328 in zum Kaiser krönen liess und auf das Vorbild Ottos des Grossen die Absetzung Johannes XXII. Verkündigte. Der vom römischen Volk gewählte Gegenpapst Nikolaus V., von dem sich Ludwig nochmals zum Kaiser krönen liess, sah sich allerdings bald nach dem Abzug Ludwigs aus Rom genötigt, Papst Johannes XXII. seine Unterwerfung anzubieten.

Bereits im Jahre 1322 hatte Ludwig die Gelegenheit, die Markgrafschaft Brandenburg an seinem ältesten Sohn zu übertragen. Nachdem ihm im Jahre 1342 Niederbayern zugefallen war, erwarb er durch eine Ehe mit Margarete von Holland im Jahre 1345 Holland, Seeland, Friesland und Hennegau.

Als er im Jahre 1342, um den Besitz Tirols zu gelangen. Die Ehe der Tiroler Erbin Margarete Maultasch mit dem Luxemburger Johann Heinrich, dem Sohn König Johann Heinrich, dem Sohn König Johanns von Böhmen, für ungültig erklärte und die Prinzessin mit seinem eigenen Sohn verheiratete, rückten die Luxemburger, seine bisherigen Parteigänger, von inm ab. Im Jahre 1346 hat Karl von Böhmen als König einen eigenen Kandidaten gefunden. Es blieb Ludwig seinen Thronanspruch noch einmal mit Waffengewalt verteidigen zu müssen; bevor es zur Entscheidung kam, ist er im Jahre 1347 auf der Jagd einem Herzschlag erlegen.

3.6.      Karl IV. und das Haus Luxemburg

Als ältester Sohn König Johans von Böhmen aus dem Hause Luxemburg im Jahre 1316 in Prag geboren, wurde Karl am Hofe des Französischen Königs Karl IV. erzogen und vom Vater bereits seit dem 15. Lebensjahr mit zahlreichen politischen Aufgaben betraut. Als der Dreissigjährige im Jahre 1346 zum König gewählt wurde, konnte er gegenüber seinem Gegner, Kaiser Ludwig dem Bayern, vor allem zwei Trümpfe () ins Feld führen: die Unterstützung des Papstes Clemens VI., und der Mehrheit der Kurfürsten. Dennoch war der Thronkampf damit noch keineswegs zugunsten Karls entscheiden, da Kaiser Ludwig nach wie über zahlreiche Anhänger im reiche verfügte und zudem seine militärischen Fähigkeiten in der Vergangenheit bereits deutlich unter Beweis gestellt hatte.

Die Entscheidung fiel durch den Tod Ludwigs (1347); obwohl die Söhne des Kaisers den Widerstand fortsetzten und den thüringischen Grafen Gunther von Schwarzburg als Gegenkönig gewinnen konnten, fiel es Karl nicht schwer, seine Gegner auszuspielen. Nachdem Karl im Jahre 1355 aus der Hand des päpstlichen Kardinalen in Rom die Kaiserkröne empfangen hatte, liess er ein Jahr später auf den Reichstagen von Nürnberg und Metz ein umfassendes Reichsgesetz (Goldene Bulle) verkünden, das die Königswahl und die Rechtsstellung der Kurführsten regelte, wobei sich die diplomatische Meisterschaft darin zeigte, dass trotz der Zusagen, die er dem Papst gegenüber vor seiner Wahl abgegeben hatte die päpstischen Ansprüche mit Stillschweigen übergangen und damit de facto zurückgewiesen wurden.

Während Karl die kaiserliche Herrschaft in Italien und Burgund nur nominell zur Geltung brachte, galt sein besonderes Augenmerk () der Förderung seiner luxemburgischen Hausmacht durch eine gezielte Erwerbs- und Wirtschaftspolitik wie auch durch sorgfältige Verwaltungsmassnahmen. So gelang es ihm, über seine dritte Ehe (1353) das Herzogtum Schweidnirz-Jauer zu erwerben. Diese mit der Krone Böhmen vereinigte Ländermasse wurde durch eine systmatisch betriebene weisende Erwerbspolitik durch Kauf, Tausch und Pfandnahme auch kleinster Güter und Einzelrechte ergänzt.

Gekrönt wurde die kaiderliche Hausmachtpolitik im Jahre 1373 durch den Erwerb der Markgrafschaft Brandenburg; zuvor hatte Karl bereits durch die Verheiratung seines Sohnes Sigmund mit der ungarischen Königstochter die Grundlage für den späteren Anfall des Königreiches Ungarn (1387) geschaffen. Nachdem Karl im Jahre 1376 noch die Wahl seines Sohnes Wenzel zum römisch-deutschen König durchgesetzt hatte, schien die Zukunft des Hauses Luxemburg gesichert, als der Kaiser im Jahre 1378 starb.

3.7.      Kurfürsten

Während im Hochmittelalter noch Fürsten, Adel und Volk gemeinsam den König wählten, wurde der Wählerkreis mit der Ausbildung des Reichsfürstenstandes in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhinderts auf die Reichsfürsten eingegrenzt. Im Zuge der Doppelwahl vom Jahre 1198 erhoben dann erstmals einige Fürsten den Anspruch, dass ihnen vor anderen die Wahl des Königs zukomme und dass daher ihre Mitwirkung für die Gültigkeit der Wahl erforderlich sei. Der König von Böhmen obwohl auch Inhaber eines Erzamtes (Schenkenamt) sollte aus der Kreis der bevorzügten Wähler ausgeschlossen sein, da er kein Deutscher sei.

In der Folgezeit erstmals in der Doppelwahl von 1257 konnten die Fürsten (rheinische Erzbischöfe aus Mainz, Köln und Trier ssowie Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg) ihre Vorrangstellung zu einem Alleinwahlrecht ausbauen, wodurch die übrigen Fürsten von der Wahl ausgeschlossen wurden.

Die Goldene Bulle vom Jahre 1356 regelte dann endgültig die Berechtigung zur Königswahl und legte im einzelnen die Rechtsstellung der Kurfürsten sowie das Verfahren bei der Königswahl fest. Erst im Jahre 1489 schlossen sich die Kurfürsten zu einen eigenen Kurie unter Ausschluss der anderen Fürsten zusammen. Im Jahre 1623 fiel die pfälzische Kurstimme an Bayern. Bis zum Ende des Alten Reiches kamen noch folgende Kurstimmen hinzu: Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover), Regensburg, Toskana, Salzburg (1805 an Würzburg übertragen), Würtenberg, Baden und Hessen-Kassel.

3.8.      Goldene Bulle

Die Goldene Bulle bekannt nach dem auch sonst in der königlichen Kanzlei verwendeten goldenen Siegel, gilt als bedeutendste Reichsgesetz des Heiligen Römischen Reiches. Es besteht insgesamt aus 31 Kapiteln, von denen die ersten 21 auf dem Nürberger Reichstag am 10. Januar 1356, die restlichen am 25. Dezember 1356 in Metz verkündet wurden. Das Gesetz regelte erstmals und endgültig die Modalitäten der Königswahl und die Rechtsstellung der Kurfürsten, wobei die Festlegung des Mehrheitsprinzips künftige Doppelwahlen verhindern sollte. Den Kurfürsten wurden zudem besondere Vorrechte (unbeschränkte Gerichtsbarkeit, Münz- und Zollregal) zuerkannt. Im Sinne der Kurfürsten und anderen Landesherren war auch, dass alle Einungen und Bündnisse innerhalb und zwischen Städte untersagt wurden. Weitere Bestimmungen befassen sich mit der Thronvakanz, dem Fehdewesen, der Ausübung der Erzämter sowie dem Hofzeremoniell bei Wahl, Krönung und auf Hoftagen. Die Ansprüche des Papstums auf Zustimmung zur Königswahl (Approbation) und ausübung der kaiserichen Rechte während der Thronvakanz wurden mit Stillschweigen übergangen.

3.9.      Reichstage

Schon seit den ältesten Zeiten hielt der König mit den Grossen des Reiches Versammlungen (Hoftage) am Könighofe ab, in denen er sich Rat und Zustimmung in wichtigen reichsangelegenheiten holte. Da es dem König grundsätzlich freistand, wen er zu diesen Versammlungen einladen wollte, war der Teilnehmerkreis zunächst weitgehend offen.

Erst deit dem 15. Jahrhundert wurde die Reichsstandschaft gefordert. Die Versammlungen, die jetzt erstmalig als Reichstage bezeichnet werden, erscheinen von nun an immer deutlicher als verfassungsrechtliche Repräsentation der Reichsstände, da hier gemeinsam mit dem König über wichtige Reichsangelegenheiten entschieden. Seit 1489 traten die Stände dabei in drei getrennten Kolegien (Kurien) auf. Dabei handelte es sich um den Kurfürstenrat, den Fürstenrat umfassend Fürsten, Prälaten (), Grafen und Herren sowie das Kollegium der Frei- und Reichsstädte. Seit 1497 wurde es üblich, die auf einem Reichstag gefassten Beschlüsse in einem förmlichen Erlass () zusammenfassen und am Ende des Reichtages zu verkündigen.

3.10.  Landesherrschaft und Ländstände

Das Bestreben der geistlichen und weltlichen Grossen, innerhalb der von ihnen besessenen Herrschaftsgebiete ihre Herrschaftsgewalt zu intensivieren und konkurrierende Herrschaftsrechte anderer auszuschalten, führte im Laufe des Hochmittelalters zur Ausbildung der Landherrschaft. Zum Wesen der Landherrschaft gehörte, dass sie sich nicht mehr nur mit Herrschaft über Personen begnügte, sondern dass sie darüber hinaus auf die Beherrschung eines bestimmten geogragischen Raumes abzielte. Da mittelalterliche Staatlichkeit sich nicht in einer einheitlichen Staatsgewalt, sondern in einer Vielzahl von einzelnen Herrschaftsrechte äusserte, musste es das Bestreben des Landesherrn sein, möglichst viele Herrschaftsrechte zu konzentrieren und andere Herrschaftsberechtigte der eigenen Herrschaft zu unterverwen.

Zu der wichtigsten diser Rechte gehörten die Grafenrechte mit dem Recht zur Ausübung der Hochgerichtbarkeit sowie polizeilicher und militärischer Befügnisse. Daneben spielten meist aber auch noch andere Herrschaftsrechte, wie z.B. die Rechte als Grundherr über abhängige Bauern, Schutz- und Herrschaftsrechte über Kirchengut, das Befestigungsrecht, eine bedeutsame Rolle.

Wenn auch das Königtum in den Fürstengesitzen von 1220 und 1231 die enstehende Landesherrschaft der Fürsten legalisiert, so wurde die Landesherrschaft dennoch keineswegs ausschliesslich auf Kosten der Reichsgewalt erreicht. Die Landesherren konnten sich auf eigene, nicht vom König abhägige Herrschaftsgewalt stützen; dazu kam oft eine systematisch betriebene Erwerbspolitik durch Heirat, Kauf, Tausch, Pfandnahme oder auch im Wege der Gewalt.

Wenn auch die Herrschaftsgewalt der meisten Landesherren bereits im Spätmittelalter ein hohes Mass an Eigenständigkeit erreicht hatte, so galt sie verfsassungsrechtlich doch als ein vom König dem Landesherrn nach Lehnsrecht verliehenes Recht zur Herrschaft, dass bei schwerer Pflichtverletzung auch entzogen werden konnte.

3.11.  Reichsstädte

Unter den Reichsstädten versteht man die Städte, die unmittelbar der Herrschaft des Königs unterstanden im Gegensatz zu den Landstädten, die einer Landseherrschaft unterworfen waren. Die meisten Reichststädte sund aus ehemaligen königlichen Städten, errichtet auf Reichsgut oder dem Hausgut der einzelnen Herrscher (z.B. Aachen, Frankfurt, Nürnberg, Kaiserslautern u.a.) sowie auf Kirchengut (z.B. Weisenburg, Lindau, Zürich), hervorgegangen. Daneben gab es aber auch sogenannte Freistädte, bei denen es sich um Bischofstädte handelte (z.B. Köln, Worms, Regensburg). Da sie den König nicht als Stadtherrn, sondern ledeglich als Reichsoberhaupt anerkannten, beanspruchten diese Städte, dem Reich gegenüber von Lasten und Abgaben frei zu sein, während die übrigen Reichsstädte vor allem Stadtsteuern an den König als regelmässige Abgaben entrichteten.

3.12.  Städtebünde

Im Interesse der fürstlichen Landesherren hatte die Goldene Bulle (1356) das Verbot der Städtebünde erneuert; dennoch schlossen sich im Laufe des Spätmittelalters immer wieder Städte zu gegenseitigen Bündnissen zusammen. Während der Rheinische Bund (1254-1257) noch dem Zusammenbruch der Stauferherrschaft gedient hatte und von König Wilhelm ausdrücklich anerkannt worden war, suchten die Reichsstädte des Stätmittelalters durch den Zusammenschluss in regionalen Städtebünden ihre Unabhängigkeit und ihre machtpolitischen Interessen gegenüber den umliegenden Territorialgewalten, wie auch gegenüber dem Königtum, zu behaupten. Die bedeutendste dieser Vereinigungen, der Swäbische Städtebund, wurde im Jahre 1376 als Reaktion auf Abgabenspolitik, die Kaiser Karl IV. gegenüber den Reichsstädten betrieb, gegründet.

Bereits im Jahre 1388 kam es jedoch wieder zur militärischen Konfrontation, in deren Verlauf die verbündeten Fürsten und Herren den Städteaufgeboten bei Döffingen und Pfedderscheim vernichtende Niederlagen beibrachten, worauf König Wenzel das Verbot der Städtebündnisse erneut bekräftigte. Dennoch schlossen sich auch im 15. Jahrhundert noch schwäbische Städte zu einem Bündniss zusammen, das später im Schwabischen Bund (1488) aufging.

3.13.  Hanse

Um keinen Städtebund im eigentlichen Sinne handelte es sich bei der Hanse. Während bei den Städtebünden die Initiative zum Zusammenschluss von einer oder mehreren Städten ausging, entstand die Hanse als eine genossenschaftliche Vereinigung von west- und niederdeutschen Fernkaufleuten, die von der Mitte des 12. bis zum 14. Jahrhundert den Nord- und Ostseebereich zu einem von ihnen beherrschten Handelsgrossraum auszubauten.

Die im Zuge des aufblühendes Städtewesens und der fortschreitenden Ostsiedlung in rascher Folge entstehenden Städte (Lübeck, Riga, Rostock) bildeten im Verein mit den älteren Nordseestädten.Als Ende des 13. Jahrhunderts die Stadt Lübeck die gottländische Genossenschaft aus der bisherigen Fürungrolle verdrängte und nunmehr selbst als Haupt der Hanse auftrat, war dies gleichbedeutend mit dem Beginn eines langgestreckten Wandlungsprozesses, in dessen Verlauf die einzelnen Städte immer mehr in die Rolle der Kaufleute eintraten, so dass am Ende aus der Kaufmannshanse eine Vereinigung von Hansestädte geworden war. Dass doe hanse mit zunehmender wirtschaftlicher Bedeutung auch ein erhebliches politisch-militarisches Machtpotential in sich vereinigte, wurde besonders deutlich, als die hansischen Seestädte mit anderen Bündnispartnern (Kölner Konföderation, 1367) in eine militärische Konfrontation verwickelt wurden.

Der beginnende Niedergang der Hanse wurde bereits im 15. Jahrhundert durch das verstärkte Eindringen der Englander und vor allem der Holländer in den Ostseeraum eingeleitet; eine zunehmende Tendenz zu national-protektionistischer Handelspolitik beschleunigte diesen Prozess, was im Jahre 1603 zur Schliessung der Handelsniederlassung in London führte. Dies bedeutete faktisch das Ende der Hanse als Wirtschaftsmacht, wenn sie auch nominell noch bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts fortbestanden hat.

3.14.  Die Grosse Pest ()

Die Grosse Pest, später Schwarzer Tod genannt, ist als die grösste Katastrophe anzusehen, die die Menschheit in Europa betroffen hat; während z.B. im Zweiten Weltkrieg 5% der europäischen Bevölkerung ihr Leben liessen, fielen der Pest mindestens 25%, vieleicht sogar ein Drittel der damaligen Bevölkerung zum Opfer.

Medizinisch gesehen handelt es sich um eine Krankheit bei Nagetieren (Ratten), die von einem Bakterium ausgelöst wird und über Flöhe auch auf Menschen übertragen werden kann. Das Pestbakterium erst im Jahre 1894 entdeckt wurde, stand die mittelalteriche Medizin dieser Herausforderung noch mehr oder weniger hilflos gegenüber.

Die Bevölkerungsverluste führten ausserdem in grossem Umfange zur Aufgabe bisher landwirtschaftlich genutzten Landes (Wüstungen) sowie zu einer verstärkt einsetzenden Abwanderungsbewegung in die Städte (Landflucht).

3.15.  Bettelorden

Im 13. Jahrhundert entstanden, verkörperten die Bettlorden zu denen vor allem die Orden der Dominikaner, Franziskaner, Augustiner und Karmeliten zu rechnen sind eine völlig neue Form des Ordenslebens. Unter Berufung auf das Evangelium forderten ihre Mitglieder nicht nur die vollkommene individuelle Armut, sondern lehnten auch für den Orden insgesamt weltlichen Besitz ab. Die Bettelorde drängten vor allem in die Städte, um hier aktiv Seesorge, mission und Ketzerbekämpfung zu betreiben.

3.16.  Ketzer

Die Kirche im Mittelalter bezeichnete alle diejenigen ihrer Mitglieder, die von den eigene Lehre aufstellen, als Ketzer (Häretiker). Auf die Gefärdung durch Ketzerei regierte Kirche bereit seit den ältesten Zeiten mit den höchsten Kirchenstrafen (Exkommunikation). Seit den Ketzergesetzen (1220-1239) Kaiser Friedrichs II. wurde die Ketzerei auch als weltliches Verbrechen mit Feuertod betroht.

Bereits im 13. Jahrhundert hatte die Kirche im Kampf gegen Ketzer zu förmlichen Kreuzzügen aufgerufen. Auf Reichsboden waren es im Spätmittelalter vor allem die böhmischen Hussiten, die elementare Lehrsätze der Kirche in Frage stellen, die sich aber militärisch gegenüber Kirche behaupten konnten.

3.17.  Bauern

Die grosse Masse der spätmittelalterlichen Bevölkerung bestand aus Bauern. Während der Begriff Bauer ursprünglich nicht unbedingt etwas über die Standesqualität aussagte, führte die Ausbilding des ritterlichen Berufskämpfertums dazu, dass der Bauer in der Regel nicht mehr zum Kriegsdienst herangezogen wurde, sondern sich ausschlisslich der landwirtschaftlichen Tätigkeit widmen konnte.

Da der Ritterdienst in der damaligen Zeitanschauung ein wesentlich höheres Sozialprestige als die bäuerliche Arbeit genoss, hatte die neue Entwicklung gerade für die bisher freien Bauern fatale Folgen: die Unterscheide zwischen frei und unfrei verwischten. So untersagte der Reichslandfriede vom jahre 1152 den bauern das Tragen von Waffen, unterstellte sie dafür allerdings einem besonderen Friedensschutz.

3.18.  Zunftwesen () und Zunftkämpfe

Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts waren die Handwerker in den Städten regelmässig in Zünften organisiert. Bei der Zunft handelte es sich um eine Gemeinschaft von Meistern und Lehrlingen eines oder auch mehrerer Gewerbe, die wirtschaftliche Zielsetzungen mit sozialen und kultischreligiösen Funktionen in sich vereinigte. Die Zunft regelte nicht nur den Zugang zum Handwerk und Ausbildung vom Lehrling bis zum Meister, sondern sie reglementierte auch die Produktion und Absatz. Die Leitung der Zunft lag in den Händen der Zunftmeister; in den Zunftversammlungen beschlossen die Mittglieder über Zunftangelegenheiten.

Das Bestreben der Zünfte, ihren Mitgliedern das örtliche Gewerbemonopol zu sichern, stand im Widerspruch zur freien Verkehrswirtschaft des Fernhandels und führte bereits im Laufe des Spätmittelalters zu Spannungen mit der Stadtobrigkeit.

3.19.  Juden

Eine besondere Gruppe innerhalb der städtischen Bevölkerung bildeten die Juden. Als Nichtchristen waren sie an sich rechtlos; doch bereits seit der Karolingerzeit standen sie unter dem besonderen Schutz des Königs, der es ihnen erlaubte gegen die Zahlung bestimmter Abgaben -, nach ihrer Glaubensüberzeugung und nach ihrem eigenen Recht zu leben. Seit dem 13. Jahrhundert gestattete das Königtum den fürstlichen Landesherren durch Einzelprivilegien wie auch im Wege der Gesetzgebung, den Judenschutz in ihren Territoien auszuüben.

Die Kirche trat bereits im Hochmittelalter für eine strenge Isolierung der Juden von der christlichen Bevölkerung ein. So wurden ihnen in den Städten bestimmte Wohnviertel (Ghettos) zugewiesen; seit einem Beschluss des Laterankonzils vom Jahre 1215 waren sie gehalten, eine besondere Kleidung als Kennzeichen zu tragen (spitzer Hut und gelber Fleck ()). Christen war es untersagt, mit Juden in Tischgemeinschaft zu leben oder als Dienstboten für sie arbeiten.

3.20.  Reichsreform

Im 15. Jahrhundert mehrten sich die Klagen der Zeitgenossen über zahlreiche Missstände im Reich (allgemeine Rechtsunsicherheit, Schutzlosigkeit des Reiches vor äusserer Bedrohung). Obwohl die Problematik auf zahlreichen Reichstagen des 15. Jahrhunderts in der Form von Vorschlägen und Gegenvorschlägen erörtert wurde, waren die Interessengegensätze zu gross, um zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen.

Der Durchbruch erfolgte erst in der Regierungzeit König Maximilians I., der sich, um Unterstützung in seinen Kriegen gegen Frankreich zu erhalten, dazu verstand, den Förderungen der Reichsstände teilweise entgegenzukommen. Zur Stärkung der Reichsfinanzen wurde eine allgemeine Reichssteuer (Gemeiner Pfennig) eingeführt. So beschloss der Wormser Reichstag vom Jahre 1495, das Fehderecht zugunsten eines Ewigen Landfriefens aufzuheben und das Gerichtswesen durch die Errichtung eines vom König unabhängigen Reichskammergerichts neu zu ordnen.

Auf dem Augsburg Reichstag vom Jahre 1500 sah König Maximilian sich ausserdem genötig, der Errichtung des Reichsregements, einer Art stänischer Reichsregierung, an deren zustimmung die Regierungsmassnahmen des Königs gebunden sein sollten, zuzustimmen.

Die übrigen Ergebnisse der Reichsreform, d.h. Ewiger Landfriede, Reichskammergericht und Reichsexekutionsordnung, wurden auf dem Augsburger Reichstag vom Jahre 1555 bestätigt, wodurch die Reichsreform zu einem gewissen Abschluss gebracht wurde.

Daten

Ereignise

1247-1256

Wilhelm von Holland

1254

Gründung des Rheinischen Bundes/Tod Konrads IV.

1257

Doppelwahl: Richard von Cornwall Alfons X. Von Kastilien

1268

Hinrichtung Konradins/Ende der Staufer

1273-1291

Rudolf I. von Habsburg

1291

Bund von Uri, Schwyz und Nidwalden

1292-1298

Adolf von Nassau

1298-1308

Albrecht I. von Habsburg

1303

Gefangennahme des Papstes

1308-1313

Heinrich VII. Von Luxemburg (1312 Kaiser)

1314

Doppelwahl: Friedrich der Schöne Ludwig IV. der Bayer

1315

Schlacht am Morgarten

1322

Sieg Ludwigs des Bayern bei Mühldorf

1328

Kaiserkrönung Ludwigs des Bayern

1339-1454

Hundertjäriger Krieg in Frankreich

1346-1378

Karl IV. (1355 Kaiser)

1347-1351

Pest in Europa

1356

Goldene Bulle

1378-1400

Wenzel

1410-1437

Sigmund (1433) Kaiser

1419-1436

Hussitenkriege

1438-1439

Albrecht II. von Habsburg

1440-1493

Friedrich III. (1452 Kaiser)

1453

Konstantinopel von den Türken erobert

1455-1487

Rosenkriege in England

1477

Schlacht bei Nancy (Tod Karls des Kühnen von Burgund)

1488

Gründung des Schwäbischen Bundes

1492

Kolumbus entdeckt Amerika

1493-1519

Maximilian I.

1495

Reichstag zu Worms (Reichsreform)

1499

Schweizerkrieg (Schwabenkrieg)

1500

Reicstag zu Augsburg (Reichsregiment)

Kapitel 1: Von der r&ouml;misch-germanischen Zeit bis zur Teilung des Franreiches 843/870 1.1. Germanen Die Bezeichnung Germanen wird auf eine Vielzahl von V&ouml;lkern und St&auml;mmen in Nord- und Mitteleuropa, die der sogenannten indo-ger

 

 

 

! , , , .
. , :